Freitag, 18. Dezember 2015

Eine Landesvolksanwältin für Tirol

Tirol ist eines von zwei Bundesländern in Österreich, wo es eine eigene Landesvolksanwaltschaft gibt. Die Aufgabe der Landesvolksanwaltschaft ist es, ausgehend von Beschwerden aus der Bevölkerung an der  Verbesserung der Verwaltung mitzuarbeiten. Die Landesvolksanwaltschaft ist dabei ein Hilfsorgan des Landtages und soll Menschen dazu verhelfen, zu ihrem Recht zu kommen. Weil Recht haben und Recht bekommen bekanntlich nicht immer das Gleiche ist.

In der Tiroler Landesvolksanwaltschaft gibt es nunmehr eine Premiere: Mit der Wahl durch den Tiroler Landtag mit 34 von 36 Stimmen (nur die Liste Fritz war dagegen) wurde nach einem Hearing aller BewerberInnen Maria Luise Berger zur ersten Frau Landesvolksanwältin in Tirol gewählt. Noch dazu gab es damit auch einen Generationswechsel.

Landesvolksanwältin Maria Luise Berger

Im Hearing durch den Obleuterat zeigte sich neben einer starken Serviceorientierung auch, dass Maria Luise Berger ein politisches Verständnis hat, das uns allen sehr zugesagt hat. Das zeigte sich auch bisher schon beispielsweise in ihrem Engagement für Flüchtlinge. Mit März wird sie ihren Dienst antreten und es ist ihr und uns allen zu wünschen, dass sie das ganz im Dienste der Tirolerinnen und Tiroler tun wird.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Tiroler Landtag live

Heute und morgen ab 9 Uhr findet eine Sitzung des Tiroler Landtags statt, hier gibt es den Live-Stream dazu. Heute stehen unter anderem ein Bericht über die Finanzlage des Landes und die Wahl einer neuen Landesvolksanwältin an. In der Fragestunde werden wir das Thema Kinderbetreuung thematisieren. Und morgen in der aktuellen Stunde diskutieren wir über die Verwaltungsreform, deren erste Eckpfeiler wir gestern präsentiert haben. Ich freue mich über Kommentare und Anregungen!

 

Wenn der Live-Stream oben nicht geht gibt es hier und hier noch zwei weitere Möglichkeiten.

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Partei weg, Geld weg

Vorwärts Tirol hat seit seiner Gründung, Spaltung und Auflösung die TirolerInnen nicht nur viele Nerven gekostet sondern auch viel Geld. Jährlich flossen etwa 700.000 Euro an Parteienförderung an Vorwärts Tirol. Wir wollten wissen, ob das eigentlich rechtens ist. Deshalb hat der Tiroler Landtag - gegen die Stimmen von FPÖ und SPÖ - den Auftrag erteilt, zu prüfen ob Vorwärts Tirol das Geld noch zusteht, nachdem sich alle Landtagsabgeordneten von der Partei losgesagt haben. Die Partei selbst hat ihre Tätigkeit de facto eingestellt, wie man ihrer Homepage entnehmen kann:



Dafür haben wir zwei unabhängige Gutachter beauftragt, und deren Ergebnisse liegen nun vor.

Die Botschaft ist eindeutig: Gibt es keine Partei mehr, dann gibt es auch kein Geld mehr. Die verbliebenen Abgeordneten (früher Vorwärts Tirol, nunmehr Impuls Tirol) können auch nicht gezwungen werden, einen Antrag auf Parteienförderung zu stellen. Zum Abwehrrecht gegen den Staat gehört nämlich auch, dass niemand gezwungen werden kann, einer Partei anzugehören oder Handlungen zu setzen, die einer Partei nützen der er/sie nicht angehört.

Warum Vorwärts Tirol keine Parteienförderung mehr zusteht argumentieren ausführlich und nachvollziehbar DDr. Hubert Sickinger von der Universität Wien und Dr. Norbert Wimmer von der Universität Innsbruck.

Gutachten Parteienförderung vorwärts Tirol - Hubert Sickinger
Gutachten Parteienförderung vorwärts Tirol - Norbert Wimmer

Freitag, 4. Dezember 2015

Volkes Stimme für Tempo 100

Präsident der Arbeiterkammer zu sein ist eine komfortable Position. Man kann von der Politik wahre, schöne und gute Dinge verlangen wie sie einem den lieben langen Tag einfallen. Dass die Umsetzung wahrer guter und schöner Ideen noch schwieriger ist, als die Ideen zu haben muss einen dabei nicht kümmern.

Derzeit haben wir einen Arbeiterkammerpräsidenten, der sich offenbar in der Rolle gefällt, "Volkes Stimme" sein zu wollen. Nur: wie soll man feststellen, was das Volk sagen möchte wenn man seine Stimme sein will?

Um festzustellen, was die Mitglieder der Arbeiterkammer wollen gibt es die Arbeiterkammer-Vollversammlung. Man möchte also meinen, dass sich die Stimme der ArbeitnehmerInnen an die Beschlüsse der Vollsversammlung der ArbeitnehmerInnen hält.

Aktuell wettert AK-Präsident Erwin Zangerl gegen den Lufthunderter auf der Autobahn. Dabei täte Volkes Stimme gut darauf zu hören, was das Volk eigentlich sagen will. Die Arbeiterkammer-Vollversammlung hat nämlich genau das Gegenteil beschlossen: In der 148. Vollversammlung der Arbeiterkammer Tirol wurde ein Antrag auf Tempo 100 ganzjährig auf Tirols Autobahnen mehrheitlich angenommen. Und der Präsident ist an die Beschlüsse seiner Vollversammlung gebunden. Ich bin gespannt, was Volkes Stimme sagt wenn er nun weiß, was sein Volk beschlossen hat?

Donnerstag, 26. November 2015

Ein Kraftwerk in 7 Tagen

Gestern vermeldete die Tiroler Wasserkraft AG: 23,63 Gigawattstunden Strom wurden am Vortag in Tirol verbraucht. Die Lastspitze dabei betrug 1.147 Megawatt. Grund für den hohen Verbrauch sind die aufgrund der großen Kälte angelaufenen Beschneiungsanlagen in den Skigebieten.

Wie die TIWAG selbst ausrechnet entspricht dieser Tagesverbrauch dem Siebtel der Jahresproduktion des Innkraftwerks Langkampfen. Sieben Tage künstliche Schneeerzeugung in Tirol bedeutet also, dass die gesamte Jahresproduktion des größten Innkraftwerks in Tirol dahin ist. Nun wird aber mehr als nur sieben Tage im Jahr in Tirol beschneit.

Wir haben in der Landesregierung einige Forschungsprojekte zur Förderung beschlossen, wie künstliche Beschneiung effizienter und mit weniger Wasser- und Energieeinsatz passieren kann. Der Ausbau der Schneifläche geht aber trotzdem weiter, auch wenn es inzwischen Widerstand gibt wie sich beispielsweise derzeit am Kitzbüheler Horn zeigt. Trotzdem bleibt für mich die Frage vor der ich beinahe etwas ratlos stehe: Wie weiter mit der Beschneiung in Tirol? Jedes Jahr ein neuer Verbrauchsrekord und jedes Jahr die Jahresproduktion mehrerer Kraftwerke - das kann's wohl nicht wirklich sein. Was tun?

Freitag, 20. November 2015

Jetzt amtlich: Bessere Luft durch Tempo 100

"Tirol atmet auf" haben wir gesagt, als die schwarzgrüne Koalition Tempo 100 auf der Autobahn im Luftsanierungsgebiet eingeführt hat. Da waren einige noch ziemlich skeptisch. Die Wirtschaftskammer hat uns vorgerechnet, dass Motoren bei niedrigerer Drehzahl mehr Schadstoffaustausch haben, manche Autofahrer haben angekündigt in Zukunft lieber auf der Bundesstraße fahren und so weiter.

Begleitend zur Einführung des Lufthunderters wurde auch eine externe wissenschaftliche Evaluierung bei einem Schweizer Büro in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse nach einem Jahr vorliegen: Grob kann man - unter Einrechnung aller Effekte wie Wetter oder Arlbergsperre - sagen: Durch Tempo 100 auf der Autobahn ist der Schadstoffausstoß um ca. 6% gesunken. Und das müssen Tiroler Kinder dann weniger einatmen.

Die gesamte Studie zum Nachlesen gibt es hier. Und weil minus 6% natürlich noch nicht genug ist kommt der nächste Schritt: Das Fahrverbot für besonders unsinnige Güter auf der Autobahn: Müll und Schrott auf die Schiene verbannen, an der entsprechenden Verordnung wird mit Hochdruck auch gegen Widerstände in Wien und Brüssel gearbeitet.

Dienstag, 17. November 2015

Ein Modernisierungsschub für die Jugendpolitik in Tirol

Gut 20 Jahre ist das Tiroler Jugendschutzgesetz alt, das deshalb auch Tiroler Jugendschutzgesertz 1994 heißt. Die letzte größere Novelle ist elf Jahre her und fand 2004 statt, wobei damals sogenannte Alkopops verboten wurden.

Wir schicken nun eine Novelle des Tiroler Jugendschutzgesetzes in die parlamentarischen Prozesse, das einen Modernisierungsschub für die Jugendpolitik in Tirol bringen soll. Das zeigt sich schon daran, dass das Gesetz nun "Tiroler Jugendschutz- und Jugendförderungsgesetz" heißen wird. Dementsprechend ändern sich auch die Ziele der Jugendpolitik in Tirol.

Im Gesetz selbst kommt es zu einer Reihe von Liberalisierungen. So wollen wir etwa die Altersgrenzen für Übernachtungen in Jugendherbergen, Hotels und Co absenken und damit an die (jüngere) Realität anpassen. Wir geben auch mehr Freiheit bei den Lokalen, die angeblich den Charakter von jungen Menschen gefährden. In Zukunft dürfen Kondome von Jugendlichen nicht mehr nur im Internet gekauft werden sondern auch im Sexshop vor Ort. Auf der anderen Seite passen wir im Gleichklang mit anderen Bundesländern die Bestimmungen gegen E-Shishas an. Und der Jugendbeirat erhält eine gesetzliche Grundlage, in der Zusammensetzung und Arbeitsweise geregelt sind.

Wir richten die Strafdrohung nach dem Jugendschutzgesetz, etwa was die Weitergabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche angeht nun eindeutig an die Wirte. Und für Jugendliche gilt zukünftig das Prinzip: Beratung statt Strafe. Ersatzfreiheitsstrafen für Jugendliche, wie es sie bisher vor allem für sozial schwächer gestellte Jugendliche gegeben hat finden sich im neuen Gesetz nicht mehr.

Ich freue mich, dass diese Modernisierung des Jugendschutz- und Jugendförderungsgesetzes gelungen ist und hoffe, dass wir damit auch die Lebensrealität junger Menschen treffen. Die Regierung hat ihre Vorlage gestern beschlossen, im Dezember-Landtag kommt der Antrag dort zur Diskussion.

Freitag, 13. November 2015

Regieren so oder so

Derzeit kann man sich in Österreich wirklich sehr anschaulich unterschiedliche Arten des Regierens live geben: Da ist zum einen die Performance der Bundesregierung. Zaun oder nicht Zaun in Spielfeld - an dieser Frage scheint die Koalition im Bund schon zu scheitern. Mir kommt vor, dass es dort keinerlei Willen gibt, Gegensätze zu überbrücken.

Auch in Tirol sind wir uns in der Koalition durchaus nicht immer einig. Wir haben manchmal sogar sehr unterschiedliche Ansichten, wie eine Herausforderung anzugehen sei. Den Unterschied macht aber, dass wir immer bereit sind uns zusammenzusetzen um eine Lösung zu erzielen.

Während die Bundesregierung also um Zäune streitet haben wir uns in Tirol in der schwarzgrünen Koalition darauf geeinigt, welche zusätzlichen Maßnahmen seitens des Landes für die Integration von Flüchtlingen dringend notwendig sind. Dabei geht es nicht um die Sofortmaßnahmen, sondern es geht darum, langfristig Integration und damit auch Selbständigkeit und wirtschaftlichen Erfolg zu ermöglichen. Und es geht auch darum, den vielen Freiwilligen in der Flüchtlingsarbeit Unterstützung zu geben.

Aus dem dieswöchigen Beschluss der Tiroler Landesregierung zur Integration von Flüchtlingen von Anfang an:

1) Maßnahmen der Wohnungssuche insbesondere für asylpositive Personen, Kofinanzierung Projekt AMIF; €.140.000,-

2) Finanzierung von Stützkräften in Schulen für Flüchtlingskinder - Pilotprojekte; € 400.000,-

3) Begleitung von Jugendlichen in und während der Lehre; € 180.000,-

4) Mittel für ESF-Kofinanzierungen für Maßnahmen zur Arbeitsintegration; € 300.000,-

5) UMF-Buddysystem/Patenschaften; € 43.000,-

6) Ausbau der psychosozialen Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen; € 100.000,-

7) Finanzierung von Dolmetschkosten; € 100.000,-

Beschlüsse zu Deutschkursen und weiteren Integrationsmaßnahmen werden folgen. Das sind übrigens - weil ich mir schon denken kann welche Kommentare jetzt gleich auftauchen werden - nicht Gelder, die die Flüchtlinge erhalten. Das sind Gelder, mit denen Arbeitsplätze für Tirolerinnen und Tiroler geschaffen werden.

Egal ob man nun die einzelnen Maßnahmen gut oder weniger gut findet: JedeR kann sich anschauen, dass die Tiroler Landesregierung Probleme beim Schopf packt - während die Bundesregierung damit beschäftigt ist, sich Unfreundlichkeiten über die Zeitung auszurichten.

Mittwoch, 11. November 2015

Tiroler Landtag live

Heute und morgen findet eine Sitzung des Tiroler Landtags statt. Schau rein - ich freue mich immer über Kommentare und Diskussionen:

 

Wenn der Live-Stream oben nicht geht gibt es hier und hier noch zwei weitere Möglichkeiten.

Mittwoch, 4. November 2015

Die Integrationsverweigerer

Wie man der FPÖ dauerhaft Stimmen sichert zeigen derzeit SPÖ und ÖVP in der Bundesregierung vor. Und zwar dadurch, dass sie aufgrund kurzfristiger populistischer Überlegungen Integrationsschwierigkeiten für Jahrzehnte in Kauf nehmen. Zwei Beispiele:

 1.
Wenn man will, dass Flüchtlinge die nach Österreich möglichst nicht Deutsch lernen, möglichst keine Ausbildung machen, möglichst keinen Job suchen sondern sich denken, dass sie die paar Jahre wohl im Sozialsystem überleben werden und dann zurückgehen, dann führt man am besten „Asyl auf Zeit“ ein. „Asyl auf Zeit“, das führt dazu, dass Flüchtlinge die bei uns sind mit dem Kopf immer irgendwo anders bleiben, weil sie davon ausgehen müssen, dass sie in drei Jahren wieder zurückgeschickt werden. Nach Syrien, nach Eritrea, nach Afghanistan. „Asyl auf Zeit“ bedeutet, Integration vorsätzlich zu verhindern. Und in einigen Jahren wird die FPÖ dann plärren, dass hier Menschen sind die noch nicht ordentlich Deutsch gelernt haben, die keine Ausbildung gemacht haben oder keinen Job gesucht haben. Und niemand wird sich mehr daran erinnern, dass SPÖ und ÖVP diesen Zustand aus Feigheit vor der FPÖ selbst herbeigeführt haben. Die Grüne Haltung dazu ist jedenfalls klar: Heute und auch in Zukunft – wir wollen, dass sich Menschen integrieren und auf eigenen Beinen im Leben stehen können. Das muss man ihnen dann auch ermöglichen.

2.
Wenn man will, dass Flüchtlinge zerrissen bleiben zwischen ihrem Fluchtland und Österreich, dann ist es am besten wenn man einen Teil ihrer Familie dort lässt wo sie bisher sind. Wenn man will, dass sie sich tatsächlich in Österreich eine eigene Zukunft aufbauen, dann muss man ihren Lebensmittelpunkt auch nach Österreich verlegen. Und das bedeutet, dass die Familie - PartnerIn, Kinder, Mutter, Vater – auch hier eine eigenständige Zukunft aufbauen können müssen. SPÖ und ÖVP verschärfen derzeit – auch wieder aus Angst vor der FPÖ – die Bestimmungen zum Familiennachzug. Das ist unglaublich familienfeindlich und noch dazu wirtschaftlich unsinnig. Von der moralischen Frage will ich noch gar nicht reden: Können wir uns vorstellen was es heißt, hier in Österreich Schutz gefunden zu haben und zu wissen, dass die Mutter sich noch in Aleppo im Bombenhagel im Badezimmer versteckt, weil das der einzige Raum ohne Fenster ist?

 Die Integration von Flüchtlingen ist eine Herausforderung, da gibt es nichts drumherumzureden. Aber neben der moralischen Frage gibt es auch eine wirtschaftliche Frage: Flüchtlinge sollen dauerhaft selbständig leben können. Das zu verhindern haben sich die Integrationsverweigerer vorgenommen: nicht mehr nur FPÖ sondern auch SPÖ und ÖVP.

 Ich frage mich: wo bleibt der Aufschrei der Landesparteien der großen staatstragenden Volksparteien angesichts dieser Entwicklung? Wann meldet sich der humanistisch gebildete Karl-Heinz Töchterle zu Wort und zeigt seiner Partei, was moralische Verantwortung und wirtschaftliche Vernunft bedeuten?

 Die schwarzgrüne Tiroler Landesregierung bekennt sich in ihrer Grundsatzerklärung zur Flüchtlingspolitik eindeutig zu Bildung und Beschäftigung für Flüchtlinge: wir bekennen uns zur Integration. Tun dies auch die Integrationgsverweigerer in der Bundesregierung?

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Was machen Abgeordnete sonst so?

In den vergangenen Tagen und Wochen kam - angefeuert von der Diskussion um den inzwischen zurückgetretenen VP-Abgeordneten Anton Pertl - die Frage in den Fokus, was Landtagsabgeordnete eigentlich neben ihrer Abgeordnetentätigkeit machen und verdienen.

Damit sich jede und jeder selbst ein Bild machen kann stelle ich hier die aktuelle Liste der dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss gemeldeten Nebentätigkeiten zur Verfügung. Die Liste ist ein bisschen mit Vorsicht zu genießen, weil sie auf Eigenangaben der Abgeordneten beruht und natürlich auch nicht ersichtlich ist, welche Konstruktionen manchmal dahinterstecken: FPÖ-Abgeordneter Rudi Federspiel fällt nach dieser Liste nur in die Einkommensklasse 2. Sein Reisebüro gehört aber offiziell nicht ihm sondern seiner Frau und auch die Verträge des Reisebüros mit dem Innsbrucker Tourismusverband scheinen deshalb hier nicht als Nebentätigkeit auf. Trotzdem interessant zu lesen, was Abgeordnete hier angeben - die FPÖ-Abgeordneten gehören jedenfalls nicht zu den armen Schluckern in diesem Land. Und für mich ist diese Übersicht ein Argument dafür, dass das Modell "eine Person, ein Amt", das ich für mich persönlich gewählt habe für mich auch weiterhin stimmig ist.

Liste der Nebentätigkeiten und Einkommen - Abgeordnete zum Tiroler Landtag 2015

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Die Sprechpuppen von der FPÖ

Wenn man die Sprache der FPÖ derzeit beobachtet, dann fällt deutlich auf, wie geistig gleichförmig dort gedacht wird. So gleichförmig, dass mir das Angst macht. Von Selbstbestimmung, Individualität und eigenem Ausdruck scheint dort noch mehr viel übrig zu sein.

Ein kleines Beispiel von gestern: Diesen Eintrag kann man klug oder weniger klug finden, er schaut jedenfalls so aus, als ob er vom Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger wäre:


Und dann lese man zum Vergleich, was der FPÖ-Bundesparteiobmann postet:


Man sieht: Das ist nicht Copy and Paste. Das ist nicht einfach geteilt. Das ist jeweils selbst geschrieben und doch unheimlich gleichartig. Ich finde das wirklich unheimlich - die Ausschaltung des Individuums ist ein Merkmal totalitärer Gesellschaften vor dem ich mich fürchte.

Und nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich auf dem Profil des Tiroler FPÖ-Obmanns natürlich eine entsprechende Diskussion entsponnen hat. Dort hat dann jemand gefordert, dass Flüchtlingen Strychnin verabreicht werden solle. Das war offenbar sogar Abwerzger zu heiß und er hat das Posting gelöscht. Die Haltung, die sich quer durch die Postings zeigt, ist mit so einem Durchschnittsbeitrag aber vielleicht sowieso besser ausgedrückt:


"Hinein in den nächsten Zug" mit den "undankbaren Unmenschen." Hier schlägt eine passive Aggression durch, die sich gewaschen hat. "Aggressiven Konformismus" hat ein Soziologe die Grundhaltung vieler WählerInnen der FPÖ kürzlich genannt, und diese aggressiv-konforme Haltung wird von der Führungsspitze der Partei bedient. Für mich bringt es das vielleicht am besten auf den Punkt, warum ich die Situation so brandgefährlich finde: Mit der FPÖ hat eine Partei auf eine Haltung umgeschwenkt, nach der der einzelne Mensch nichts mehr zählt, sondern nur das Kollektiv.

Als ich in Hamburg gewohnt habe bin ich häufig am Kriegerdenkmal am Dammtor vorbei gegangen, auf dem sich eine Inschrift von Heinrich Lersch wiederfindet: "Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen." Das ist die Haltung der konservativen Revolution, die Haltung der Verachtung des einzelnen menschlichen Geschöpfs. Das ist die Haltung, aus der Katastrophen entstehen. Ich hoffe, es gibt ein Korrektiv in unserer Gesellschaft und du trägst dazu bei, diese Gefahr abzuwehren.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Bemerkenswert für die FPÖ? KZs derzeit leider außer Betrieb

Dieser Herr war vor etwa einem Jahr auf Einladung der FPÖ Tirol auf Besuch in Tirol und hat einen Vortrag im biergeschwängerten  Bierstindl gehalten. Eine "bemerkenswerte Persönlichkeit" nannte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger Akif Pirincci damals:



Pirincci gibt auch sonst schon ziemlich viel homophoben und rassistischen Stuss von sich, wenn der Tag lang ist. "Die KZs sind derzeit ja leider außer Betrieb" meinte eben dieser Pirincci nun auf einer rechtsextremen Demo in Deutschland. Die ganze Geschichte zum Nachlesen hier. Findet die FPÖ Tirol es auch bemerkenswert, dass die KZs derzeit leider außer Betrieb sind?

Montag, 19. Oktober 2015

Die Nachtschiene kommt

Wenn ich in großen Städten bin, dann gibt es für mich immer ein eindeutiges Zeichen an dem man sieht, ob es sich um eine Weltstadt oder doch eher um eine Provinzstadt handelt: Fährt die U-Bahn die ganze nach über durch oder stellt sie nach Mitternacht ihren Betrieb ein? Öffentliche Infrastruktur auch in der Nacht erhalten zu können und nicht mit den Mitternachtsglocken einzustellen und dann alle Menschen ihrem eigenen Schicksal zu überlassen ist ein Zeichen besonderer Servicequalität.

Tirol kann bekanntlich noch nicht ganz mit New York, Berlin oder Tokio mithalten, aber demnächst bekommen wir unser Äquivalent dazu: Die S-Bahn wird auch nachts fahren und damit zur Nachtschiene.

Mit der Fahrplanumstellung im Dezember gibt es nächtliche S-Bahnen von Innsbruck nach Kufstein um 1 Uhr, 3 Uhr und 4 Uhr nachts. Und von Kufstein nach Innsbruck um 1 Uhr und um 2.30 Uhr. Außerdem werden Nachtverbindungen aufs Seefelder Plateau und ins Wipptal geschaffen. Die Mehrkosten dafür übernimmt zur Gänze das Land Tirol, für die Nutzerinnen und Nutzer gelten die gleichen Tickets wie am Tag auch. Natürlich auch Studi-Semestertickets, Jahres- und Monatskarten sowie das SchulPlus-Ticket.

Bisher waren fehlende Nachtverbindungen ein nachvollziehbares Argument für viele Menschen, warum sie mit dem Auto fahren sollen und nicht öffentlich. Nun braucht es diese Ausrede im Unterinntal und im Großraum Innsbruck nicht mehr. Bereits jetzt gibt es ja Nightliner-Buslinien in Innsbruck, in die Mittelgebirgsgemeinden, Telfs, Schwaz und ins Stubai. Nächtliche S-Bahnen sind aber ein deutlicher Komfortsprung und auch ein zeitlicher Vorteil für die NutzerInnen. Zwischen Schwaz und Kufstein ist das überhaupt die erste durchgehende nächtliche Öffi-Verbindung, die so geschaffen wird. Mit schwarzgrün geht beim öffentlichen Verkehr was weiter - jetzt auch in der Nacht. Ich freue mich auf viele Nutzerinnen und Nutzer und darüber, dass Tirol noch attraktiver für alle wird.

Freitag, 16. Oktober 2015

Der freigestellte Ämtermulti

Eine Randnotiz in der heutigen Tiroler Tageszeitung: "Die SPÖ gratulierte gestern ihrem Parteichef Ingo Mayr. Dieser hatte sich bei den Betriebsratswahlen des Arbeitsmarkservice Tirol mit seiner roten Gewerkschaftsliste durchgesetzt und 61 Prozent der Stimmen erzielt. Rund 450 Mitarbeiter waren stimmberechtigt. Mayr bleibt damit freigestellter Betriebsrat. Ohne die Freistellung hätte es eng werden können auf Mayrs Terminkalender: Er ist nicht nur Parteichef, sondern auch Roppener Bürgermeister."

Um die Information zu vervollständigen: Die von den Grünen in der AK / Unabhängige GewerkschafterInnen unterstützte Gegenliste konnte mit knapp 40% 3 von 8 Mandaten erzielen und damit Mayrs Mehrheit beinahe brechen. Wichtiger ist aber der Passus mit der Freistellung:

Ich war bisher der Meinung, eine Freistelllung als Betriebsrat dient dazu, dass man die MitarbeiterInnen besser vertreten kann, weil man seine ganze Zeit und Energie dafür verwenden kann. Offenbar nutzt Ingo Mayr seine Freistellung als AMS-Betriebsrat aber tatsächlich dafür, den SPÖ-Vorsitzenden zu mimen. Alle Wortspiele rund um das Thema arbeitsloses Einkommen beim AMS erspare ich mir, die Sache spricht auch so für sich.

Ingo Mayr ist:
Freigestellter AMS-Betriebsrat
SPÖ-Vorsitzender
Bürgermeister von Roppen

Spannend wäre es, für alle Beteiligten zu wissen wie viel Geld Ingo Mayr für welches Amt bekommt und welche Leistung er dafür erbringt. Eine saubere Trennung sieht anders aus.

Dienstag, 13. Oktober 2015

Billiger wohnen mit schwarzgrün

Nicht nur reden, ihr müsst auch was tun - so oder so ähnlich hören PolitikerInnen Aufforderungen ziemlich häufig. Bitte, wir tun was, zum Beispiel für billigeres Wohnen in Tirol.

Die Landesregierung hat eine Senkung der Zinsen der Wohnbauförderung beschlossen mit einem Volumen von 780 Millionen Euro in den kommenden 40 Jahren. Dass man so viel Geld auf einmal bewegen kann ist ziemlich beeindruckend.

Ich will jetzt niemanden mit einem Zahlenfriedhof langweilen, aber die Zinssenkung bedeutet zum Beispiel bei Wohnbauförderungskrediten der zweiten Generation nach dem 25. Jahr eine Senkung der jährlichen Belastung von 8% auf 6%. Damit sinkt die Belastung um ein Viertel. Bei einem Wohnbauförderungskredit über 50.000 Euro bedeutet das eine jährliche Entlastung von 1.000 Euro. Das ist deutlich mehr, als die meisten Menschen aus der Lohnsteuerreform des Bundes lukrieren werden.

Insgesamt 44.000 Wohnbauförderungskredite sind betroffen. Wenn wir annehmen, dass in jeder Wohnung 2 Menschen wohnen, dann profitieren 88.000 Tirolerinnen und Tiroler von der Zinssenkung. Bei neuen Wohnbauförderungskrediten steigen wir mit den abgesenkten Zinssätzen sogar bei 0% ein - das ist eine Extra-Entlastung für junge Menschen, die sich in Tirol selbst Wohnraum schaffen wollen.

Aber nicht nur neu zu bauende Wohnungen für Junge sind betroffen und vor allem nicht nur Eigentumswohnungen. Auch MieterInnen von gemeinnützigen Wohnbauträgern profitieren besonders. 2.500 Wohnungen der TIGEWOSI werden von den niedrigeren Zinsbelastungen profitieren - davon 900 sofort und die restlichen 1.600 folgen in den kommenden Jahren. Bei der Neuen Heimat Tirol (NHT) sind es 5.682 Wohnungen, wovon 1.682 sofort entlastet werden und die restlichen in den kommenden Jahren folgen.

Zwei Beispiele für Wohnungen mit Wohnbauförderung nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984:

TIGEWOSI, 75 Quadratmeter: monatliche Ersparnis 45 Euro, das sind 540 Euro im Jahr.
NHT, 50 Quadratmeter: monatliche Ersparnis 44 Euro, das sind 528 Euro im Jahr.

Auch Heime wie geförderte Alten-, Wohn- und Pflegeheime profitieren übrigens von der Entlastung. Billiger Wohnen mit schwarzgrün - wir tun was. In den kommenden Wochen werden alle betroffenen TirolerInnen über die abgesenkten Zinsbelastungen informiert.


Freitag, 9. Oktober 2015

Ausgangssperre

"Die türkischen Sicherheitskräfte haben in Cizre eine Ausgangssperre verhängt, es kam zu mehreren Toten." Viel mehr wusste ich nicht, als ich zugesagt habe, an einer Delegation europäischer ParlamentarierInnen teilzunehmen um mir selbst ein Bild von der derzeitigen Lage in der Südosttürkei vor den türkischen Wahlen zu machen.

Ich bin weit davon entfernt, ein vollständiges oder auch nur halbwegs ausgewogenes Bild der Situation wiedergeben zu können. Ich kann nur einige meiner Eindrücke schildern und hoffen, dadurch Aufmerksamkeit auf eine Region an der syrischen Grenze und auf die Hoffnungen, Wünsche und Ängste der Menschen dort zu richten.

Organisiert vom Friedensblock Istanbul bestand unsere Delegation schlussendlich aus österreichischen Grünen MandatarInnen - Berivan Aslan, Mesut Onay und mir, deutschen Bundestagsabgeordneten, einer niederländischen Parlamentsabgeordneten sowie Journalisten, einigen NGO-VertreterInnen aus Deutschland sowie dem türkischen HDP-Abgeordneten Levent Tüzel und weiteren türkischen BegleiterInnen. Unser Ziel war Cizre. Angekommen am Flughafen in Mardin hieß es: Ausgangssperre in Nusaybin - ob wir bereit wären, dort hin zu fahren. Wir waren bereit.

 


Vor Nusaybin, einen Steinwurf von der syrischen Grenze entfernt hielten uns türkische Sicherheitskräfte auf und wollten verhindern, dass wir weiterfahren. Nach längeren Gesprächen mit den Militärs und vermittelnden HDP-Abgeordneten konnten wir über Feldwege die Straßensperre umfahren.

An der Stadtgrenze vor Nusaybin war dann aber wirklich Schluss und wir konnten nicht mehr weiter. Über die Stadt war eine Ausgangssperre verhängt worden, von der niemand wusste wie viele Tage sie dauern wird. Ausgangssperre bedeutet dort: 24 Stunden am Tag darf niemand seinen Kopf aus der Tür stecken, sonst wird scharf geschossen.

Eine große Menschenmenge wartete an der Stadtgrenze von Nusaybin in Angst und Sorge um die BewohnerInnen. Als wir ankamen brachen sie in Jubel aus und wir konnten einige Reden halten, ebenso wie dort Wartende in Ansprachen ihre Situation erklärten.
An der Stadtgrenze von Nusaybin sollte ursprünglich für uns Schluss sein. Durch intensive Gespräche konnte aber erreicht werden, dass wir mit Polizeieskorte durch Nusaybin durchfahren durften. Dabei war zu sehen, wie an jeder Straßenecke schwer bewaffnete Sicherheitskräfte standen. Ansonsten wirkte die 160.000 EinwohnerInnen-Stadt wie ausgestorben.


Von den BewohnerInnen wurden nach der 15tägigen Ausgangssperre Straßenblockaden errichtet. Dort ist man fest entschlossen, keine türkischen Sicherheitskräfte mehr in die Stadt zu lassen.

An beinahe allen Häusern war zu sehen, dass die Wassertanks zerschossen waren. Was eine  zweiwöchige Ausgangssperre ohne Möglichkeit, das Haus zu verlassen bedeutet, wenn kein Wasser mehr vorhanden ist mag man sich gar nicht ausmalen.

Hauswände wurden nach Ende der Ausgangssperre mit dem Wunsch nach Frieden verziert. Ein deutliches Beispiel für ungebrochenen Widerstandswillen und die feste Absicht, sich nicht einschüchtern zu lassen.

Die abgesetzte Bürgermeisterin von Cizre erklärt uns die Situation vor Ort. Viele Menschen haben nach den dramatischen Erfahrungen mit ihren vielen Todesopfern die Stadt verlassen.

Nicht nur Wassertanks waren überwiegend zerschossen, auch die Klimaanlagen der Häuser waren demoliert. Bei unserem Besuch hatte es etwa 30 Grad Celsius - zwei Wochen zuvor war es noch heißer.


  
Einschusslöcher an vielen Häusern, zerstörte Stromleitungen.

Kurdische PolitikerInnen und ihre MitarbeiterInnen erklären uns ihre Sicht der Situation.































Für mich waren viele der Erfahrungen neu. Ich hatte keine Vorstellung davon, was man sich unter einer Ausgangssperre tatsächlich vorstellen muss. Als eine Frau erzählte, dass ihre Tochter erschossen wurde und sie nicht die Möglichkeit hatte das Haus zu verlassen und sie deshalb für zehn Tage in die Gefriertruhe gelegt hat, hatten wir alle Tränen in den Augen.


Beeindruckt hat mich besonders, dass alle unsere GesprächspartnerInnen zwar Trauer, aber keine Angst und auch keine Verbitterung oder Rachegefühle zeigten. Sicher, ich weiß nicht wie es in ihnen drin aussieht. Aber ausgedrückt haben sie den Wunsch nach Frieden, nach Sicherheit und Demokratie. Das sind die Kräfte, die wir stärken müssen. Ich hoffe unser Besuch konnte ein bisschen dazu beitragen, dass die Menschen vor Ort wissen, dass sie nicht allein sind und die Welt auf sie schaut. Es ist allen Menschen zu wünschen, dass die Situation nicht noch mehr eskaliert, sondern friedliche und freie Wahlen möglich sind, damit der Friedensprozess und die soziale Frage, die dahintersteht weitergehen können.

Auf unserer Rückfahrt kamen wir noch an einem jesidischen Flüchtlingslager vorbei: Hinter Stacheldraht wohnen Tausende Menschen in Zelten, fernab von der nächsten Stadt. Und auch wenn das Leben in der Region seinen Gang geht: Es war ein mehr als mulmiges Gefühl in Diyarbakir zu sehen, wie zwischen zivilen Airlinern ständig Rotten von Militärjets in den blauen Himmel Richtung Süden starten und mit lautem Gebrüll als kleine Punkte verschwinden.

Diese Delegationsreise ist von mir privat bezahlt.

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Tiroler Landtag live

Heute und morgen findet eine Sitzung des Tiroler Landtags statt. Aufgrund einer Delegationsreise in die Südosttürkei hat der Blog in den vergangenen Tagen etwas gelitten. Einen Bericht darüber gibt's demnächst, inzwischen hier einmal der Livestream zur Landtagssitzung:

 

Wenn der Live-Stream oben nicht geht gibt es hier und hier noch zwei weitere Möglichkeiten.

Freitag, 25. September 2015

Von fertigen Artikeln

Das ist ein Politik-Politik-Artikel. Also ein Artikel, in dem sich ein Politiker - ich - mit der eigenen Zunft beschäftigt. Das interessiert WählerInnen wenig. Für die Seelenhygiene ist es aber manchmal gut - man verzeihe mir den persönlichen Einblick in meinen Arbeitsalltag, in diesem Fall meinen Alltag von gestern Nachmittag:

PolitikerInnen freuen sich üblicherweise, wenn sie von JournalistInnen angerufen werden. Außer dann, wenn man das Gefühl hat, dass ein Artikel schon fertig ist und man eigentlich nur noch der Form halber angerufen wird oder um einen Lückenfüller für einen Artikel zu liefern. Das passiert üblicherweise dann, wenn Artikel mit der Realität nicht viel zu tun haben und ist eigentlich ziemlich unabhängig vom Medium und vom konkreten Journalisten oder der konkreten Journalistin.

Gestern hatte ich so einen Anruf: In den Ausschüssen des Landtages werde nicht diskutiert - was ich dazu sage. Ich habe zurückgefragt: Wurde irgend jemandem das Wort entzogen? Konnte irgend jemand seine / ihre Wortmeldung nicht anbringen? Neinnein, aber es werde zu wenig diskutiert. Aha. Über Ausschüsse können Parteien ganz einfach Pressearbeit machen und zwar aus dem einfachen Grund weil JournalistInnen dort keinen Zutritt haben. Deshalb kann man über Ausschüsse erzählen was man will. Das ist sehr praktisch. In den Landtagsausschüssen wird also angeblich nicht diskutiert und schuld sei natürlich die schwarzgrüne Koalition. Dass das mit der Realität nichts zu tun hat scheint niemanden zu stören.

Außerdem werden Anträge ausgesetzt und auf die lange Bank geschoben. Welcher zum Beispiel habe ich gefragt? Der Antrag über das Grüß-Göttin-Schild. Tatsächlich wurde von der SPÖ der Antrag eingebracht, das Land solle das Schild, das derzeit an der Autobahn in Kufstein steht nehmen (von ankaufen war nicht die Rede) und auf einem Privatgrund, der nicht dem Land gehört aufstellen. In der Zwischenzeit hatte sich die Innsbrucker Bürgermeisterin gemeldet und vorgeschlagen, dass sie einen prominenten Aufstellungsort in Innsbruck zur Verfügung stellt. Was war daher die sinnvolle Vorgangsweise der Mehrheit im Landtagsausschuss? Wir haben beschlossen, einen Bericht von der Bürgermeisterin einzuholen, wo sie die Tafel hinstellen möchte. Und das soll dann das Beispiel dafür sein, dass in den Ausschüssen Anträge ausgesetzt werden. Nachdem sich das Beispiel als offenkundiger Unfug herausgestellt hat: änderte das irgendetwas am Artikel? Not so much.

Ich habe nach dem Anruf im nächsten Landtagsausschuss mitgeschrieben. Das war der gestrige Finanzausschuss. Ein bisschen Statistik für alle, die sich auch für Fakten interessieren:

Tagesordnungspunkte: 15
     davon einstimmig: 13
Wortmeldungen Koalition (ohne Vorsitzenden): 24
Wortmeldungen Opposition: 22
     davon FPÖ: 2
     davon Impuls: 0
     davon Fritz: 2
     davon Krumschnabel: 0
     davon Blanik: 17, wobei 13 davon Gratulationen und Dank an die Landesregierung waren
     davon Reheis: 1, wobei die Wortmeldung sogar zu einem falschen Tagesordnungspunkt stattfand, weil er nicht aufgepasst hat
Wortmeldungen Beamte: 5

Nun: Wie könnte ein Zeitungsartikel lauten, der sich diese Zahlen zu Gemüte führt?


Montag, 21. September 2015

Kraftwerk Kaunertal: ruhe sanft

Über viele Jahre hat das von der TIWAG geplante Kraftwerk Kaunertal die Diskussionen im Ötztal und Kaunertal befeuert. Kritikpunkt des Projektes sind zu Recht die projektierten Überleitungen aus Venter und Gurgler Ache ins Kaunertal. Venter und Gurgler Ache sind hochwertige Gletscherbäche mit einer für Tirol einzigartig langen freien Fließstrecke. Diese freie Fließsstrecke zu unterbrechen ist ökologisch mehr als bedenklich. Auf der anderen Seite ist die Überleitung des Ötztaler Wassers ins Kaunertal auch ökonomisch bedenklich, dient es doch im Wesentlichen dazu, einmal vom Gepatschspeicher abwärts abgearbeitet zu werden.

Zwischen der TIWAG als Projektantin des Kraftwerks Kaunertal und der Gemeinde Sölden als Projektantin eines eigenen Kraftwerks an der Gurgler Ache hat sich ein langwieriger Rechtsstreit auf verschiedenen Ebenen entsponnen, dessen Detail ich den LeserInnen hier ersparen will.

Nun gab es eine wichtige Entscheidung durch Ingrid Felipe als zuständige Landeshauptmannstellvertreterin, und zwar die einzig wirklich vernünftige Entscheidung - auch abseits rechtlich anderer Möglichkeiten: Eine Ruhepause für das Kraftwerk Kaunertal. Oder um genau zu sein: für die Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Tiroler Landesregierung stellt die weitere Arbeit am Verfahren für das Kraftwerk Kaunertal ruhend.

Damit ergibt sich für das Ötztaler Wasser eine Nachdenkpause, die gut genutzt sein will. Was soll mit dem Ötztaler Wasser dann geschehen? Oder soll überhaupt etwas mit dem Ötztaler Wasser geschehen? Ist die derzeitige Nutzung in Form eines grandiosen Gletscherflusses nicht auch eine gleichwertige Nutzungsform? Und was bedeutet das für den Ausbau des Gepatschspeichers? Wäre dort nicht ein Ausbau auf reinen Pumpbetrieb mit einem höhergelegenen Speicher sinnvoller?

Ich habe auch noch keine vollständigen und abschließenden Antworten. Aber jetzt haben wir jedenfalls Zeit, die Nachdenkpause auch genau so zu nutzen: Nachdenken darüber, was das beste für die Tirolerinnen und Tiroler von heute und von morgen ist.

Donnerstag, 17. September 2015

Dein grünes Herz für deine Gemeinde


Du ärgerst dich über deine Gemeinde? Zum Beispiel darüber, dass deine Gemeinde keine Flüchtlinge aufnehmen will? Oder dass sich der Bürgermeister zwar für Parkplätze aber nicht für den öffentlichen Verkehr interessiert? Oder dass der Kindergarten Mittags schließt? Oder dass das kulturelle Highlight der Woche der Tiroler Abend im Gemeindesaal ist?

Nun, du hast eine Möglichkeit dagegen etwas zu unternehmen. Am 28. Februar 2016 finden Gemeinderatswahlen in Tirol statt. Wir Grüne sind davon überzeugt, dass deine Gemeinde mehr kann. Dafür können wir aber nur kämpfen wenn du uns dabei hilfst. Politik braucht Menschen und gute Politik braucht gute Menschen.

Du kannst dir vorstellen in deiner Gemeinde etwas zum Guten ändern zu wollen? Egal ob du Ideen hast wie das gehen könnte oder ob du nicht weißt, wie man das am besten startet. Wir suchen dich, vernetzen dich mit anderen Menschen und helfen dir dabei, deiner Gemeinde ein grünes Herz zu geben. Melde dich bei mir und wir kommen ins Gespräch - ich freue mich auf dein Grünes Herz für deine Grüne Gemeinde.

Freitag, 11. September 2015

Schlicker Mandln IV+

(Ein kleiner unpolitischer Off-Topic-Nachtrag aus dem Sommer. Ich stelle ihn hier rein, vielleicht macht er einigen Menschen Lust auf eine Bergtour im Stubai. Und auf meinem Blog kann ich bekanntlich posten was ich will - für diejenigen, denen das jetzt zu wenig politisch ist.)

Ein selten begangenes kleines alpines Schmankerl ist die Überschreitung der Schlicker Mandln. Deutlich mehr Zustieg als Kletterei, dafür aber einsamer teils brüchiger Kalkkögel-Genuss. Die Schlicker Mandln werden praktisch nur von Einheimischen begangen, und von diesen auch nur selten. Vielleicht macht dieses Topo einigen Menschen Lust:

Schlicker Mandln
Überschreitung zur Schlicker Seespitze 2.804 m
IV+ und leichter
Trittsicherheit im brüchigen Gelände erforderlich
nötige Bohrhaken vorhanden, eine Bandschlinge zum Standbau hilfreich
Zustieg vom Schlicker Schartl, erreichbar am Schnellsten von Fulpmes über Kreuzjochbahn (Anfahrt von Innsbruck mit Bus ST nach Fulpmes); oder von Fulpmes über Schlicker Alm sowie von Grinzens über Adolf Pichler-Hütte und Seejöchl (Rückfahrt mit Bus von Grinzens nach Innsbruck).

Blick vom Niederen Burgstall zum Schlicker Schartl 
Übersicht über die Schlicker Mandln in der Bildmitte

Vom Schlicker Schartl

Im Schrofengelände immer wieder nach rechts queren

Teils Steigspuren und Steinmandln vorhanden

Jetzt steht das Steinmandl wieder besser

Direkt (IV) oder rechts umgehen (II).

Schrofen (I).

Der Kletter-Einstieg: Entlang des Risses (IV+), gute Griffe, im oberen Teil etwas brüchig. Eingekreist ein Bohrhaken, Stand oberhalb an einem Köpfl.

Vom Stand nicht auf den Turm hinauf sondern abwärts queren. Aufsteigen nach links in die erste Scharte (II); rechts um den Turm herum möglich aber schwieriger (III+). An der Scharte Bohrhaken. Mit 50 Meter Seil geht's bis zum nächsten Stand, ansonsten auch am laufenden Seil.

Vom Ringhaken 15 Meter auf ein breites Plateau abseilen.

Phillip auf der Mauer: immer ein Erlebnis.

Wandbuch mit Standplatz nach der Mauer, anschließend westseitig den Turm queren (Bohrhaken, II).

Ein Blick zurück über die Mauer.

2015 war das 1. Schlickermandl-Büchl von Josef Mair noch da. Und noch viel Platz.

Über Schrofengelände weiter aufsteigen, rechts halten bis zu Abseilstand. 
Gebohrter Abseilstand in die Scharte vor der Schlicker Seespitze.

Von der Scharte rechts schräg aufsteigen (I).

Blick zurück von der Schlicker Seespitze, 2.804 m. Abstieg nordseitig über steilen Steig zum Seejöchl.



Autor: Gebi Mair

Dienstag, 8. September 2015

Gemeinsam schaffen wir das

Gestern und heute fand die Herbstklausur der Landesregierung im Lechtal statt. Im neu errichteten Naturparkhaus in Elmen konnten wir intensiv diskutieren und am Lechweg konnten wir uns vom touristischen Erfolg des Naturparks überzeugen.

Wanderung am Lechweg bei der Herbstklausur

Tagung im Naturparkhaus Tiroler Lech

Hauptthema war die Frage der Versorgung von Flüchtlingen in Tirol. Die Landesregierung hat eine Grundsatzerklärung beschlossen, in der wir uns zur hohen Qualität der Versorgung in Tirol bekennen, zur uneingeschränkten Geltung der Genfer Flüchtlingskonvention aber auch zur Schaffung legaler Fluchtmöglichkeiten nach Europa oder über den Zugang zur Lehre. Gleichzeitig nehmen wir den Bund in die Pflicht, der seine Verantwortung nicht wahrnimmt und die Landesregierung selbst macht ihre Hausaufgaben, indem wir gemeinsam an einer Integrationsstrategie arbeiten. Es ist ja nicht damit getan, dass Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf bekommen sondern es muss auch eine Schiene geschaffen werden, wie die Fehler der Integration der vergangenen Jahrzehnte nicht wiederholt werden. Das beginnt bei unmittelbaren Deutschkursen und endet bei Berufsorientierung und Arbeitsmarktintegration. Ich finde das beeindruckend, wie sich das Klima in Tirol hier geändert hat. Man stelle sich vor, wie die Stimmung und die reale Versorgung von Flüchtlingen wäre wenn die FPÖ in der Landesregierung wäre. Hier gibt es den Regierungsbeschluss zum Nachlesen.

Unter den vielen Themen mit denen wir uns im Naturparkhaus beschäftigt haben war aber auch das Thema leistbares Wohnen. Wir werden die Zinsbelastung für Wohnbauförderungsdarlehen deutlich senken und zu einer Entlastung beitragen. Das wird so weit gehen, dass sogar mehrere zinslose Jahre in der Wohnbauförderung möglich sind. Die Entlastung wird auch für bestehende Wohnbauförderungsdarlehen gelten und sofort 20 Millionen Euro Entlastung für die TirolerInnen im Jahr bringen. Damit wird Wohnen billiger und die Menschen haben mehr Geld zur Verfügung, das die Konjunktur ankurbeln kann. Ich freue mich, dass das finanziell für das Land Tirol möglich ist - Details folgen demnächst. Man sieht jedenfalls: Die schwarzgrüne Landesregierung packt die großen Herausforderungen an, von Flüchtlingen bis Wohnen: gemeinsam schaffen wir das.

Montag, 31. August 2015

Die Causa Mader

Markus Wilhelm hat eine Geschichte ins Rollen gebracht, die im Endeffekt zeigt, dass auch Tirol inzwischen politisch ein modernes Land samt dazugehöriger kritischer Öffentlichkeit geworden ist. Und das ist gut so.

Helmut Mader hat zeitlebens eine Reihe von Funktionen für die ÖVP ausgeübt. Vom Zentralbetriebsrat in der TIWAG, vom Bundesrat über den Landtag, als Klubobmann, als Landesrat und Landtagspräsident und viele kleine und größere Funktionen mehr. Und auch nach seiner aktiven Politiker-Laufbahn war er noch einige Jahre Hypo-Aufsichtsratsvorsitzender.

2008 wurde ich in den Tiroler Landtag gewählt. Und 2009 flatterte ein Regierungsantrag der ÖVP-SPÖ-Landesregierung herein, der Landtag solle Helmut Mader den Ring des Landes Tirol verleihen. Das ist die höchste Auszeichnung des Landes. Um die Auszeichnung zu verleihen braucht es sogar ein eigenes Gesetz. Das war das erste Mal der Fall, seitdem ich politisch aktiv war. Ich habe mich deshalb schlau gemacht, wie das so läuft. Mader habe jahrzehntelange Verdienste, da seien sich alle einig. Er habe so viel für das Land getan, dass ihm die Auszeichnung zustehe. Außerdem gebe es da noch eine Geschichte rund um ihn und Wendelin Weingartner, den ehemaligen Landeshauptmann, weshalb es notwendig sei, dass beide den Ehrenring erhielten und nicht nur einer von den beiden. Ich habe mich weiter ein bisschen umgehört und alle waren dafür: ÖVP, SPÖ, Liste Fritz (damals noch mit Fritz Dinkhauser im Landtag), FPÖ - und auch bei den Grünen waren die meisten dafür. Ich habe dann meine Hand auch aufgehoben. Der Landtagsbeschluss erfolgte einstimmig.

2011 folgte Helmut Kutin (SOS Kinderdorf) als Ehrenringträger auf Helmut Mader und Wendelin Weingartner, 2013 folgte Luis Durnwalder (Südtiroler Volkspartei). Die Verleihung des Ehrenringes an ihn war übrigens just an dem Tag als bekannt wurde, dass in Italien Anklage gegen ihn wegen einer Finanzgeschichte erhoben wird. Das Interesse der Bevölkerung hielt sich in Grenzen. 2014 schließlich, nach Amtsantritt der schwarzgrünen Landesregierung folgten Arthur Thöni (Thöni Alu) und Ingeborg Hochmair (MedEl). Alle Beschlüsse über die Verleihungen im Landtag erfolgten einstimmig, mit allen Landtagsklubs: ÖVP, SPÖ, Liste Fritz, FPÖ, Vorwärts Tirol, Gurgiser, Krumschnabel, Grüne.

Und nun also die "Causa Mader". Ich habe keine Ahnung von der Wohnsituation von Polit-Pensionisten. Ich muss gestehen, dass mir das üblicherweise auch egal ist. Ich finde, es macht einen Unterschied ob jemand politisch aktiv ist wie es Christian Switak (ÖVP) war oder eben wie Helmut Mader. Als ich die ersten Unterlagen betreffend Maders Wohnsituation gesehen habe, habe ich mir deshalb gedacht: "Na gut, wenn er die Investitionen in die Wohnung tatsächlich getätigt hat, dann steht ihm bei einem Umzug auch eine Abgeltung zu." So wie jeder Mieter / jede Mieterin Investitionen, die eigentlich vom Vermieter zu tätigen wären in Form einer Mietminderung gutgeschrieben bekommen sollte. Deshalb habe ich mich anfangs auch zurückgehalten und nur über die Tiroler Tageszeitung ausgerichtet, Mader solle seine Rechnungen vorlegen. Von 200.000-300.000 Euro war laut seinem Sohn und Rechtsanwalt die Rede. Er hat seinen Rechnungen nicht vorgelegt. Aus Gründen.

Nun stellt sich heraus, dass Helmut Mader seine Investitionen zurückerstattet bekommen hat. Und dann noch ein lebenslanges Gratis-Mietrecht eingeräumt bekommen hat. Zur Begünstigung kommt also die Lüge hinzu, und das mag ich nicht.

Was früher vielleicht ging, geht heute nicht mehr. Politik ist kein Selbstbedienungsladen mehr, und wo doch lässt sich die Öffentlichkeit heute nicht mehr mit fadenscheinigen Erklärungen abspeisen. Wir sind auf dem Weg zum "Service Public", zum Dienst an der Öffentlichkeit, den wir politische FunktionsträgerInnen uns zum Leitbild nehmen sollten.

Helmut Mader gibt seine Landes-Auszeichnungen zurück. Er ist aus der ÖVP ausgetreten, um einem Ausschluss zuvorzukommen. Die schwarzgrüne Landesregierung hat eine Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof beschlossen. Der Finanzkontrollausschuss wird morgen einen Beschluss fassen. Das politische Tirol zeigt, dass heute nicht mehr geht, was früher auch schon falsch war. Roma locuta. Und wie werden wir die nächste Ehrenringverleihung prüfen?

Freitag, 28. August 2015

Der Tod aus dem Mittelmeer in Parndorf

Nun ist er zu uns gekommen. Der Tod aus dem Mittelmeer. Er findet auf unserer Autobahn statt: 70 tote Menschen, teils bereits verwest. 70 hoffnungsvolle Herzen, auf der Suche nach dem Leben - erstickt.

Wenn ich die Bilder sehe, dann überkommt es mich unwillkürlich. Ich denke an die Bilder von Vergasungswagen der Nationalsozialisten. Dort hat man die Opfer hineingetrieben, ersticken lassen und dann lagen sie zusammengesackt drin - genauso wie es auf den Bildern aus Parndorf aussieht. Vor allem im Feldzug gegen die Sowjetunion waren die Gaswagen hinter den Linien im Einsatz - Hunderttausende ließen darin ihr Leben.

Nun also 70 Tote bei uns im LKW. Das ist noch einmal ein anderes Gefühl als die Tausenden, die im Mittelmeer auf der Flucht ersaufen. Und ich frage mich: Könnte mir das auch passieren?

Ich versetze mich in die Situation eines Syrers. Nach vier Jahren Bürgerkrieg. Mit Fassbomben, mit Folter durch das Assad-Regime, mit Enthauptungen durch IS-Verbrecher, Verbrennungen bei lebendigem Leib - ich würde fliehen, wenn ich irgendwie könnte. Ich würde fliehen so schnell ich könnte und so weit ich könnte. Würde ich an der Grenze bleiben und warten, bis die IS-Schergen in der Türkei zuschlagen wie bereits geschehen? Würde ich im Libanon bleiben, im Würgegriff der Hezballah, die Flüchtlingslager kontrolliert? Nein, ich würde fliehen so weit ich kann.

Vielleicht würde ich sogar nach Mitteleuropa fliehen. Möglichst nahe an Genf, wo die Genfer Flüchtlingskonvention herkommt. Dieses große Werk der Menschenrechte. Kein Land darf einen Flüchtling von seiner Grenze zurückweisen, wenn dadurch sein Leben gefährdet wird heißt es in Artikel 33 der Genfer Konvention. Das kann nicht nur geografisch gemeint sein. Ein Land hat seine Verantwortung wahrzunehmen, dass seine Grenzen nicht töten.

Wüsste ich als Flüchtling, wie man sicher nach Europa kommt? Nein, ich wüsste nicht wie man Grenzen unbeobachtet überquert. Ich wüsste nicht, wie man Grenzflüsse durchwatet, wie man in einem Land sicher vor der Polizei und vor den Schergen aus Syrien ist.

Vielleicht bräuchte ich Hilfe. Fluchthelfer mag man sie nennen, oder von mir aus auch Schlepper. Großherzige Menschen werden darunter sein, Geschäftemacher werden darunter sein, Skrupellose und Menschenfreundliche - so wie eine Gesellschaft sonst auch ist, und wie sie sich in einer Notlage zuspitzt. Es wäre mir egal, warum sie mir helfen. Ob sie nur an mir verdienen wollen oder ob sie mir etwas Gutes tun wollen. Ich würde versuchen, ihre Motive zu prüfen, und zitternd würde ich mich in ihre Hände begeben. Wenn sie zu mir sagen: Steig in den LKW - wahrscheinlich würde ich es machen. Auch mit 69 anderen. Die Fahrt geht los, Licht aus.

Wenn wir an die Zeit des Nationalsozialismus zurückdenken, dann finden wir die Position der  Schweiz meist untragbar: Wie kann man nur Menschen in einer Notlage an der Grenze zurückweisen? Oder man denke sich wie wir es beurteilen würden wenn die BRD Flüchtlinge über die Mauer zurück in die DDR geschickt hätte. Oder Südkorea Flüchtlinge zurück in den Norden. Und ich frage mich: Um wie viel anders sind wir heute? Klar, man kann auch sagen: Bleibt in Ungarn, bleibt in Italien - dort ist es auch sicher. Ich finde es trotzdem unmenschlich, Hilfesuchende an der Türschwelle abzuweisen. Wir werden doch zumindest einen Stall für sie haben?

Früher konnte man Asylanträge für Österreich auch an den österreichischen Botschaften im Ausland stellen. Das geht schon länger nicht mehr. Dafür muss man sich bis nach Österreich durchschlagen. Dafür braucht man Schlepper. Wer sich dieses System ausgedacht hat, der liefert Menschen den Schleppern aus - und macht sich somit mitschuldig an den Toten von Parndorf.

In einer Situation wie wir sie heute vorfinden, mit ihren Millionen von Flüchtlingen da reicht ein individueller Asylantrag in der österreichischen Botschaft in Ankara aber wahrscheinlich nicht aus. Da braucht es Resettlementprogramme und es braucht sichere Korridore für Flüchtlinge.

Ein Perspektivenwechsel: Wenn wir historisch über Fluchtbewegungen nachdenken, dann haben die Aufnahmeländer von der Flüchtlingen profitiert: Die USA von den Religionsflüchtlingen aus Europa etwa, aber auch von den Wirtschaftsflüchtlingen aus Irland. Deutschland und Südafrika von den geflüchteten Hugenotten. Österreich von den Flüchtlingen aus Ungarn. Die Liste lässt sich fortsetzen. Das war nie einfach, aber schlussendlich war dort, wo die Flüchtlinge angekommen sind Leben für alle. Statt nun den Flüchtlingen die Schuld an ihrem eigenen Tod zu geben, statt auf die Schlepper  zu zeigen - ob großherzig oder skrupellos - fragen wir uns lieber, welche Möglichkeiten die österreichische Politik hat, damit Menschen nicht auf LKW-Ladeflächen verrecken müssen.

Mittwoch, 26. August 2015

Agri-, Kultur, Mobilität und Tourismus in den Alpen

Alpenraumkonferenz
2.-4. Oktober 2015
Schmirn / Tirol



Ein transdisziplinärer Austausch über die Zukunft der Alpen, organisiert von der Grünen Bildungswerkstatt. Hier gibt es ein detailliertes Programm und hier geht's zur Anmeldung. Tolles Thema, tolle ReferentInnen, offen für alle Interessierten - sei dabei!

Dienstag, 25. August 2015

Ein Rad-Verbot von gestern

Der Zirler Berg ist die kürzeste Verbindung zwischen dem Seefelder Plateau und dem Inntal. Seit 1991 gibt es hier ein großes Manko: das Fahrradfahren ist talwärts verboten. Damit fehlt ein wesentliches Teilstück im Umweltverbund und die gesamte Strecke wird für den Fahrradtourismus uninteressant.

Die wesentlichen Steigungen am Zirler Berg (B177 Seefelder Straße) liegen auf einer Strecke von 2,8 Kilometern, wobei bis zu 16% Gefälle zu überwinden sind. Bergwärts ist die Befahrung mit Fahrrädern erlaubt, obwohl man bekanntlich bergauf deutlich mehr schnaufen und muss somit langsamer ist. Bergab gilt ein Radfahrverbot, obwohl man abwärts gleich schnell wie die Kraftfahrzeuge ist. Talabwärts wurden zudem 5 Notwege für LKWs eingerichtet, deren Bremsen versagen können.

Die Ausweichrouten sind für RadfahrerInnen nicht besonders attraktiv: Die Umfahrung über die L36 Möserer Straße (Telfer Berg) hat 26,6 Kilometer, und es gibt einen Gefälleabschnitt über 5,8 Kilometer. Von Reith nach Seefeld gibt es zudem eine Mountainbikeroute, die zwar nur etwas länger als die Strecke am Zirler Berg ist, jedoch nicht asphaltiert und noch deutlich steiler. Vom Land Tirol wurde die Strecke als "schwierige Mountainbikeroute" eingestuft. Als dritte Alternative bietet sich die Zugverladung an. Dafür braucht es ein eigenes Ticket und ein frühzeitiges Aussteigen, etwa in Zirl ist nicht möglich weil die Mittenwaldbahn durch die Martinswand direkt nach Innsbruck fährt.

Talabwärts fuhren im Jahr 2010 über den Zirler Berg innerhalb von 24 Stunden 5.184 KfZ, darunter 168 LKWs, wovon 37 Sattelzüge waren, die jedoch hauptsächlich zwischen 4 und 5 Uhr in der Früh unterwegs waren. Für LKW über 7,5 Tonnen besteht ein Fahrverbot für den Transitverkehr sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 20 km/h für jene LKWs, die fahren dürfen.

Fahrräder müssen eine vom Verkehrsministerium vorgeschriebene Bremsleistung erbringen. Die Überprüfung der Bremsleistung liegt im Verantwortungsbereich der RadfahrerInnen. Es gibt in Österreich jedoch Passstrecken, die wesentlich steiler und länger sind als der Zirler Berg, auf denen ein Befahren aber erlaubt ist: die Großglockner Hochalpenstraße, das Timmelsjoch, der Reschenpass, die Gerlosstraße... Man darf also davon ausgehen, dass Fahrräder technisch dazu in der Lage sind, ein derartiges Gefälle auch im Verkehr sicher zu überwinden. Am Zirler Berg besteht ein Überholverbot, von dem auch Fahrräder betroffen wären, auch ein Vorbeifahren rechts ist untersagt. Die Gefahr der Benutzung eines Notweges, bei dem ein Fahrrad geschnitten würde bestünde genauso für einspurige Motorräder oder Mofas - diesbezügliche Unfälle sind aber bisher nicht bekannt. Die Gefahr sollte aber sowieso beim Verursacher gesucht werden: Wenn LKWs zu gefährlich für RadfahrerInnen sind, dann sollte es vielleicht Einschränkungen für den LKW-Verkehr geben.

Eine Aufhebung des Radfahrverbots am Zirler Berg bringt mehrfachen Nutzen: Die gesamte Region wird für Fern-RadfahrerInnen attraktiver und damit auch für den Tourismus. Auch Tages-RadfahrerInnen können den Retourweg nach Innsbruck, etwa aus den Karwendeltälern dann selbst überwinden und sind nicht auf die Bahnverladung angewiesen. Und auch das Alltagsradeln wird gestärkt und damit sowohl Gesundheit wie auch Mobilität vor Ort. Nach 25 Jahren hat das Radfahrverbot am Zirler Berg ausgedient.

Der Landtag wird sich im Oktober mit dem Verbot beschäftigen, ich hoffe auf eine breite Zustimmung. Heute berichtet darüber auch die Tiroler Tageszeitung.

Donnerstag, 13. August 2015

Dein Job in der Grünen Öffentlichkeitsarbeit

Die Tiroler Grünen verstärken ihr Team für die Öffentlichkeitsarbeit. Mit Arbeitsbeginn 1. Oktober 2015 für 30 Wochenstunden. Dafür gibt's 2.780 Euro brutto. Es braucht organisatorisches und kommunikatives Geschickt sowie Interesse an Öffentlichkeitsarbeits-Kampagnen, beispielsweise im Gemeinderatswahlkampf 2016. Erfahrung im Eventmanagement, in der Textproduktion und EDV-Kenntnisse für Öffentlichkeitsarbeit, zB Grafikprogramme erwünscht. 

Die vollständige Ausschreibung erhältst du ganz einfach, indem du an tirol@gruene.at mailst. Die Bewerbungsfrist läuft bis 24.8.2015 - wir freuen uns!


 

Montag, 10. August 2015

Ein Sommer wie heuer


Dieses Foto beschäftigt mich seit Tagen. Es handelt sich um ein Foto des Staubeckens am Höhlebach oberhalb von Kampl in Neustift im Stubai. "Noch mal gut gegangen" möchte man auf den ersten Blick denken und hat die Bilder von Vermurungen im Kopf, die gleichzeitig an anderer Stelle im Tal geschehen sind. Und der zweite Gedanke ist: "Das war aber knapp." Es ist die Ambivalenz im Foto, die mich fasziniert.

Der heurige Sommer bringt nicht nur Rekordhitze mit sich - mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Gletschern - sondern auch eine erstaunliche Anzahl an lokalen sehr starken Unwettern mit entsprechenden Vermurungen. Die Gewitter ziehen heuer offenbar langsamer weiter als üblich und lassen deshalb mehr Wasser auf kleineren Flächen zurück.

Die Debatte, die wir hier führen müssen ist wahrscheinlich gar keine über den Klimawandel. Es ist eine Debatte darüber, wie wir dieses Land flächenhaft nutzen wollen. Es ist eine Diskussion darüber, wie aus der beinahe flächendeckenden landwirtschaftlichen Nutzung des Landes bis in hohe Regionen über die Jahrzehnte eine Nutzung wurde, die die Fläche aufgegeben hat und sich auf kleinere Teile konzentriert, die dafür noch intensiver bewirtschaftet werden. Das betrifft die Landwirtschaft selbst, das betrifft aber auch den Tourismus. Und dann ist das wahrscheinlich eine Debatte über technischen Hochwasserschutz und seine Grenzen. So manches Mal kann diese ein Unglück verhindern. Und mehr als nur einmal sind heuer Bäche und Muren über die technischen Verbauungen hinweggetreten und haben dann noch größere Schäden angerichtet. Und das ist auch eine Debatte über Raumordnung und die Grenzen der Widmung: Hat man manchmal vielleicht etwas zu optimistisch und gutgläubig gewidmet? Und müsste man nicht so manche Widmung wieder zurücknehmen, nachdem man mehr über die tatsächliche Gefährdung weiß? Solche Entscheidungen haben nachhaltige Auswirkungen auf die Siedlungsstruktur und Besiedlungsfähigkeit von Tälern. Nicht nur hinten oben übrigens, sondern durchaus auch in Gunstlagen, wenn wir etwa an das Hochwasser in Wörgl im Inntal vor einigen Jahren denken.

Das sind nur einige Gedanken - viel mehr Hirnarbeit wird notwendig sein, um die richtigen Lehren aus dem heurigen Sommer zu ziehen. Denn wir wissen, dass wir uns Sommer wie damals zwar zurückwünschen können, dass die Natur uns aber geflissentlich ignoriert - angesichts der sprunghaften Naturereignisse dieses Jahres muss man aber auch deutlich sagen: wir können die Natur nicht ignorieren.