Jahrzehntealt ist der Streit um die Gemeindegutsagrargemeinschaften in Tirol. Die Fronten sind verhärtet, die Geschütze in Stellung gebracht. So wird wohl auch heute scharf geschossen werden. Für alle, die sich für den Inhalt interessieren hier die heute in der Landesregierung beschlossene Agrarpunktation.
Wir Grüne sind angetreten, den Gemeinden zu ihrem Recht zu verhelfen. Und zwar so schnell wie möglich. Dazu wurden viele verschiedene Varianten diskutiert. Und die schnellste haben wir jetzt gewählt: Die Agrargemeinschaften werden zukünftig von einem Substanzverwalter / einer Substanzverwalterin allein verwaltet. Und diese Person wird von der Gemeinde bestellt und ist ihr allein verantwortlich. In allen Substanzangelegenheiten kommt nur mehr der Vertretung der Gemeinde Stimmrecht zu: Grundstücksverkäufe, Grundstücksverpachtung, Jagdpacht, Rücklagen, Überling und noch vieles mehr. Damit haben die Gemeinden die volle Verfügung über die Grundstücke und wir haben die Prozessrisiken ausgeschaltet, die eine Rückübertragung mit sich gebracht hätte. Den Agrarmitgliedern bleibt nur mehr der historische Haus- und Gutsbedarf - in der Regel einige Festmeter Holz als Naturalbezug - übrig. Die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte werden von ihnen weiterhin selbst verwaltet, aber der Substanzverwalter / die Substanzverwalterin hat auch hier Anwesenheitsrecht.
Darüber hinaus werden die bisherigen Blockademöglichkeiten durch die Agrar ausgeschaltet. Der Substanzverwalter / die Substanzverwalterin führt alleine die Geschäfte und erstellt auch Voranschlag und Jahresabschluss alleine. Damit ausschließlich im Interesse der Gemeinde gehandelt wird, werden klare Regeln zu Befangenheit und Unvereinbarkeit geschafften.
Und, ein scheinbar kleiner aber sehr wichtiger Punkt: Alle Voranschläge und Jahresabschlüsse der Agrargemeinschaften kommen ins Internet und sind auf der Homepage des Landes für alle BürgerInnen einsehbar. Das ist die beste Kontrolle und geht sogar über die Transparenz hinaus, die bisher bei den Gemeinden vorherrschte. Diese Transparenz wird gewaltige Kontrollwirkung entfalten.
Wenn die Gemeinde vor Ort zufrieden ist, dann wird die Verwaltung der Agrargemeinschaft so durch sie selbst vorgenommen. Nur wenn die Gemeinde nicht zufrieden ist, dann können Agrar und Gemeinde gemeinsam Verfahren einleiten, die zu einer Auflösung der Agrargemeinschaft führen. Und wer genau liest, wird in der Punktation sogar das Stichwort finden: Der ursprüngliche Zustand ist damit "wiederherzustellen." Alle wissen, was damit gemeint ist.
Nach den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes ist dieser Beschluss ein epochaler Schritt für die Gemeinden. Wir werden die Punktation nun mit der Opposition in einer Sondersitzung des Rechts- und Gemeindeausschusses besprechen und weitere Verbesserungsideen aufnehmen. Dann wird das Gesetz in Begutachtung gehen und einer Lösung des jahrzehntelangen Konflikt zu Gunsten der Gemeinden steht nichts mehr im Wege.
Übrigens für Feinspitze hier die Forderungen der SPÖ: Wer das vergleicht sieht - die sind erfüllt und wir gehen sogar weiter als die SPÖ. Ich bin gespannt wie ein Pfitschipfeil, wie sie sich verhalten.
29 Kommentare:
Gebi eine frage: wer ist in Zukunft der Eigentümer im grundbuch? Agragemeinschaften oder Gemeinden? Um das gehts schlussendlich.
Nein um das geht's nicht. Es geht darum, wer über die Grundstücke verfügt. Das ist die Gemeinde.
Im Grundbuch bleibt vorläufig die Agrargemeinschaft, außer es wird eines der in der Punktation genannten Verfahren angestrebt, dann kann auch das Grundbuch wiederhergestellt werden oder die Gemeinde durch Auflösung der Agrargemeinschaft ins bücherliche Eigentum kommen. Aber das ist aus meiner Sicht wirklich die untergeordnete Frage - materieller Eigentümer ist jedenfalls die Gemeinde, sie kann mit den Grundstücken tun und lassen was sie will.
Also bleibt die Agrar im Grundbuch?? Oder wie? Toll!!!! Und wenn die ÖVP irgendwann wieder einmal eine absolute Mehrheit haben sollte, dann ändern wir erneut die Novelle und stellen die Uhr wieder zurück!!!Und wer wird der Substanzverwalter?? Und warum brauch ich einen Substanzverwalter wenn den Gemeinden alles gehört!
Auf diese Novelle brauchen Sie sich nichts einzubilden!
Die Streitereien oder Mauscheleien gehen weiter!
DANKE für NICHTS!!!!!
Die Agrar bleibt in manchen Fällen im Grundbuch, daran ist aber der VfGH Schuld. Aber die Gemeinde verwaltet die Grundstücke selbst, die Agrar kann sich vom Grundbuch also nix abbeißen.
Ach, der VfGH ist schuld! Na so was aber auch, der böse böse VfGH erlaubt es den Gemeinden nicht, Eigentümer zu werden.
Sie phantasieren, Herr Mair!
Die Gemeinde verwaltet die Grundstücke nicht selbst. Entgegen den Vorschriften der Gemeindeordnung wird hier mit dem Substanzverwalter ein "Sonderbürgermeister" eingeführt.
Die Agrar kann sich vom Grundbuch nichts abbeißen, das ist wahr. Aber da die Agrar im Grundbuch steht, kann ohne Zustimmung der Agrar nichts verkauft werden, da können Sie landesgesetze beschließen, so viel Sie wollen. Jeder Grundbuchsführer wird Ihnen dann nämlich sagen: Bundesrecht bricht Landesrecht. Und laut Bundesrecht kann nur mit Zustimmung des grundbücherlichen Eigentümers eine Verfügung vorgenommen werden.
Doch, die Gemeinde kann Grundstücke verkaufen obwohl die Agrargemeinschaft im Grundbuch steht. Das ist einer der Effekte dieser pfiffigen Lösung. Der Substanzverwalter agiert hier als Organ der Agrargemeinschaft, obwohl er dem Gemeinderat verpflichtet ist.
Übrigens:
Was ist mit den Rücklagen und Ausschüttungen und Verkäufen der letzten 30 Jahre? Was hat die Landesregierung denn dazu gesagt?
kein Wort?
Die Lösung ist alles andere als "pfiffig. ich sag Ihnen noch einmal: Bundesrecht bricht Landesrecht!
Mit dieser Punktation wird ganz erheblich in die Vertretungsrechte eingegriffen, die die Gemeinde laut Gemeindeordnung hat.
Ja, dürfen Sie denn das?
Und Sie bestellen für die Agrar einen Vertreter, den diese nicht selbst ausgewählt hat.
Ja, dürfen Sie denn das?
Ich bin höchst gespannt, wie Dr. Brugger die Punktation Wort für Wort zerpflücken wird.
Gebi... unser Experte für eh alles.
Irgendwie habe ich den Eindruck, daß hier jemand recht wenig versteht, dafür der SPÖ umso lieber ans Bein pinkelt. In der NR- Auseinandersetzung hat Grün wegen der Plakate ganz groß gemotschkert. Daß Gebi eine Erwähnung Markus Wilhelms im vorangegangen Blogeintrag geflissentlich vergißt, wird er noch mit seinem Charakter vereinbaren . Warum aber die Tiroler Volkspartei, die auf jedes Parteiengesetz pfeift, von den Grünen, dann halt vom Bund aus, nicht angezeigt wird, der GebI sich nach wie vor über die unbedeutenden Sozialdemokraten ereifern darf, will etwas heißen.
Grün ist der Wald.
Sehr geehrter Herr Mair! Das Ganze hat eine unheimlich emotionale Komponente. Die meisten Tiroler sind überzeugt, dass der, der im Grundbuch steht, auch der wahre Eigentümer ist. Daher ist das Rückübertragungsgesetz unausweichlich. Warum es einen "Substanzverwalter" geben soll, verstehe ich nicht.
Bei diesem Kompromiss kann auch ein juristischer Laie schon prophezeien, dass der steinige Weg für die Gemeinden noch lange nicht zu Ende ist!!!
Haben Sie nicht vor der Wahl posaunt, dass eine Rückübertragung unumgänglich ist??
Gebi erkläre doch bitte welchen vorteil der sachwalter im Vergleich zu einer richtigen rückübertragung im sinne von eigentum im grundbuch hat.
1. Es geht schneller.
2. Die Agrargemeinschaften haben keine Möglichkeit, dagegen mit einer Prozesslawine vorzugehen.
Herr Mair, glauben Sie nicht, dass es an der Zeit wäre, zuzugeben, dass die Grünen nicht das geringste zu dieser neuen Regelung beigetragen haben? Noch vor wenigen Wochen haben Sie sich einstimmig vor die ÖVP und die Agrargemeinschaften gestellt. Nun gibt es ein VfGH-Urteil und die Selbstverständlichkeit, dieses Urteil auch umzusetzen, verkaufen die Grünen als ihren Erfolg. Sei schmücken sich mit fremden Federn!
Die Agrargemeinschaften haben JEDE Möglichkeit, diese komische Regelung, die sie ja erst erstellen müssen (aber flott, bitte), zu bekämpfen.
Auch die Gemeinden haben JEDE Möglichkeit, diese komische Regelung zu bekämpfen.
Schneller geht mit dieser komischen Regelung gar nichts, im Gegenteil, sie verzögert die endgültige Klarstellung und provoziert geradezu weitere Prozesse.
Auch hätte ich gerne beantwortet: Soll denn dieser seltsame Substanzverwalter EINMAL auf Dauer bestellt werden oder muß er nach jeder Gemeinderatswahl neu bestellt werden?
Welche Möglichkeit bleiben den Agrarieren da zum Prozessieren?
Substanzverwalter mit Rückbindung nach TGO heißt, dass nach jeder Wahl neu zu bestellen ist.
Herr Mair, sie haben leider KEINE AHNUNG !
Der Substanzverwalter wird "in Bindung an den Willen der Gemeinde (Rückbindung...) tätig.
Das heißt nur, dass er Aufträge des Gemeinderats umsetzen muß. Es heißt nicht, dass er durch jeden neuen Gemeinderat neu gewählt werden muß.
Wenn Sie nicht sehen, welche Möglichkeiten zum Prozessieren den Agrariern (den Gemeinden übrigens auch) bleiben, sind Sie nicht nur phantasielos, sondern wirklich ahnungslos.
Ob ich keine Ahnung habe müssen andere beurteilen. Wenn aus der gestern beschlossenen Punktation ein Gesetzentwurf wird, wird sich dann zeigen wie sich die Diskussionen bei der Erstellung der Punktation auswirken. Ich denke, ich war doch bei einigen davon dabei.
Dann schaun wir mal, wieviel Ahnung Sie haben:
Also, in Angelegenheiten, die allein die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte betreffen, soll das Organ der Agrar (= Vollversammlung oder Ausschuss)entscheiden; der substanzverwalter hat hier nur das Recht auf Anwesenheit.
Heißt das, er darf in diesen Angelegenheiten nicht mitstimmen?
Warum nicht?
Die Gemeinde ist doch auch Mitglied der Agrar und muß demnach auch land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte haben. Warum darf der substanzverwalter = Gemeindevertreter hier nur anwesend sein, aber nicht mitstimmen?
Wenn die Gemeinde Mitglied in der Agrar ist stimmt sie entsprechend ihrem Anteilsrecht mit. Wenn sie nicht Mitglied ist hat sie kein Stimmrecht. Der Substanzverwalter hat aber jedenfalls Anwesenheitsrecht, unabhängig vom Stimmrecht.
Bin nicht ident mit dem voranstehenden Fragesteller, Zitat Mair: "Wenn sie nicht Mitglied ist hat sie kein Stimmrecht."
Geht es hier um Gemeindegut- AGMs?
Bitte um Präzisierung. Die Gemeinde hätte doch immer ein Stimmrecht, sonst wäre dieses je nach dem vom Zustandekommen eines Überlings abhängig. Verstehe ich hier etwas nicht richtig, Herr Mag. Mair?
Offensichtlich ist Dr. Brugger von der Liste Fritz der einzige, der die Punktuation im juristischen Detail durchdenkt. Das ist dir auch gar nicht möglich Gebi, da du mögliche Probleme gar nicht überdenkst. Da kann man dir aber auch keinen Vorwurf machen, da dem Brugger die Probleme aus der juristischen Praxis nunmal allseits bekannt sind.
Zur Frage "Bitte um Präzisierung. Die Gemeinde hätte doch immer ein Stimmrecht, sonst wäre dieses je nach dem vom Zustandekommen eines Überlings abhängig. Verstehe ich hier etwas nicht richtig, Herr Mag. Mair?" - Nein, Gemeinden hatten bisher nicht in allen Fällen in Gemeindegutsagrargemeinschaften ein Stimmrecht. Nämlich dort nicht, wo die Gemeinde nicht einreguliert war, das kam vor.
Danke für Ihre Antwort, mir bleibt damit noch nicht erschlossen, ob statt "bisher" nun der Geimeinde jedenfalls ein Stimmrecht zukommt, was es zwingend müßte, oder heißt das, daß sich am Status qou in schlampig regulierten Gemeinden nichts ändert? Damit schließt sich wieder der Kreis zum Überling.
Schlampige Regulierungen werden korrigiert werden, weil es nun zu einer Neuregulierung aller Gemeindegutsagrargemeinschaften kommt.
Es geht Ihnen hier in diesem Blog vor allem darum, die SPÖ schlecht zu machen. Das tun die Grünen nun regelmäßig seit der Regierungsbeteiligung. Und das nur, weil sie im Sozialen und bei der Umwelt nicht wirklich vom Fleck kommen. Da sehe ich nichts Weltbewegendes. Außerdem dringt ohnehin schon einiges nach Außen. Von heilloser Überforderung ist da z. B. die Rede. Es gehe weniger weiter. Daher musste Willi wieder an vorderste Front.
Zumindest haben sich die Grünen als braver Koalitionspartner erwiesen, das soll ja auch was heißen.
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