Donnerstag, 13. Januar 2011

Ein vorsorglicher UMIT-Maulkorb

An der Privatuniversität des Landes UMIT in Hall ist bekanntlich alles in Ordnung. So in Ordnung sogar, dass man MitarbeiterInnen einen Maulkorb umhängt, wenn sie zur UMIT befragt werden sollen.

So geschehen heute im UMIT-Ausschuss des Tiroler Landtages. Geladen war unter anderem der gekündigte ehemalige Geschäftsführer und Departmentsleiter der UMIT, Roland Staudinger. Vorsorglich hat das Rektorat schriftlich mitgeteilt, dass Staudinger, obwohl gekündigt, noch ein Jahr lang Dienstnehmer der UMIT ist und deshalb nichts sagen darf. Auch auf direkte Nachfrage an das Rektorat, ob sie bereit sind, ihn von der Verschwiegenheitsverpflichtung zu entbinden, hieß es, das sei nicht möglich. Ich habe bereits in der Vergangenheit öffentlich erklärt, dass die UMIT ihren MitarbeiterInnen Maulkörbe umhängt. "Ich möchte Sie bitten, nach Möglichkeit zu Beginn der Sitzung am 13.1. Herrn Mair auf seine Lügen aufmerksam zu machen, herzliche Grüße Christa Them" schreibt folgerichtig auch die Rektorin. Das hat sie heute im Ausschuss dann doch nicht gemacht; es wird wohl daran liegen, dass von Lügen hier keine Rede sein kann.

Der Ausschuss hat trotzdem seine Arbeit mit den Befragungen heute ernsthaft aufgenommen. Hier der Fragenkatalog, dessen Aufarbeitung wir heute begonnen haben. Einige wichtige Erkenntnisse von heute: Die UMIT hat die Qualitätssicherungsagentur AQA beauftragt, alle 14 Habilitationen der UMIT und Stichproben der Promotionen zu überprüfen. An der UMIT selbst hat man eine neue Promotionsordnung erstellt, die Vertriebskooperation mit der Fachhochschule Nordhessen gekündigt, mit der vereinbart war, dass sie Studierende schickt und die UMIT dafür Geld an die Fachhochschule bezahlt. Und, nachdem man sich bereits von Departementsleiter Roland Staudinger per Kündigung getrennt hat und seine Frau Bettina Staudinger beurlaubt hat, wurde diese nun mit 15.1.2011 gekündigt. In welchen Journals Bettina Staudinger ihre kumulative Habilitationsschrift veröffentlicht hat, konnte ihr Gutachter, Ex-Rektor Bernhard Tilg auch bei der heutigen Befragung noch nicht sagen.

Bernhard Tilg erklärte, er könne nicht verstehen, warum das Rektorat nach der Begehung der UMIT durch den österreichischen Akkreditierungsrat im Juni 2010 nicht auf dessen Kritik reagiert hat. Die Erkenntnisse des Akkreditierungsrates in seinem Gutachten ließen jedenfalls doch deutliche Kritik an der wissenschaftlichen Qualität der UMIT aufkommen. Von Bernhard Ernst wurde Tilg ein Gutachten aus dem Jahr 2006 vorgehalten, in dem damals schon festgehalten wurde, dass die Ausweitung der Studierendenzahlen jedenfalls nicht zum finanziellen Erfolg der UMIT führen wird.

Das neue Rektoratsteam aus Christa Them und Philipp Unterholzner zeigte sich hauptsächlich erfreut darüber, dass nach der Aberkennung des Doktoratsstudiums Gesundheitswissenschaften und der nun erfolgten Neueinreichung von 7 Studiengängen zwei davon akkreditiert wurden. Sie bestätigten, dass es Schadenersatzforderungen von Studierenden gegen die UMIT gibt. In welcher Höhe sich diese bewegen, wenn die Beschwerde der UMIT gegen den Bescheid des Akkreditierungsrates nicht erfolgreich ist, wollten sie aber nicht sagen. Der Betrag sei sicher sechsstellig, man sei diesbezüglich in Gesprächen mit der Eigentümervertreterin Patrizia Zoller-Frischauf. Von Studierenden wurden jedenfalls nicht nur ihre Studiengebühren geltend gemacht, sondern auch Lebenshaltungskosten. Mit der Fachhochschule Nordhessen habe man die Verträge gekündigt, weil man nicht in der Lage gewesen sei, das Betreuungsverhältnis 1:6 zu garantieren. Überhaupt wusste das Rektoratsteam nicht, wie viele Menschen an der UMIT tatsächlich Dissertationen betreuen und wie viele nur auf dem Papier bestehen. Dass Dissertationsbetreuer gar nichts davon wissen, dass sie als solche geführt werden, wollten die beiden heute zum ersten Mal gehört haben. Bei der Frage, ob die Unterscheidung in "Promovenden" (ohne Betreuung, bis zum Exposé) und "Dissertanden" von Menschen im Doktoratsstudium vom Akkreditierungsrat genehmigt war, verhaspelten sich die beiden in Widersprüche. Einmal hieß es ja, einmal nein. Besonders spannend war, dass Christa Them erzählte, beim Doktoratsstudium Gesundheitswissenschaften habe die Drop-Out-Rate seit 2003 von 450 Studierenden 170 betragen. Nur 64 hätten bisher das Studium abgeschlossen. Vom damaligen Rektor Armin Graber war jedenfalls bereits im Oktober 2009 ein Aufnahmestopp für das Studium verhängt worden. Graber selbst konnte heute im Ausschuss leider nicht befragt werden, er stellte jedoch schriftlich fest, dass er selbst mehrfach Zweifel an der Strategie der UMIT geäußert hatte und eine Umstrukturierung versucht hatte.

Die Qualitätssicherungsagentur Acquinus schließlich erklärte heute, dass seit den Zweifeln an der Qualitätssicherung von 2006 bis 2010 keine besonderen Anstrengungen gezeigt wurden, die Qualität zu verbessern. Erst im Juni 2010 hätten dann Anstrengungen begonnen, die auch bereits erste Früchte zeigen. Das ist insbesondere ein schlechtes Zeugnis für Altrektor Tilg.

Schließlich wurden dem Ausschuss eine Reihe schriftlicher Unterlagen vorgelegt: Der Aberkennungsbescheid des österreichischen Akkreditierungsrates, der Entwicklungsplan der UMIT, die Promotionsordnungen der UMIT, die Liste der Habilitationen und ihrer GutacherInnen und einiges mehr. Diese Unterlagen werden wir nun in den nächsten Tagen sichten. Viele Fragen wurden heute aber auch nicht beantwortet, etwa die Fragen nach einem Regress gegen MitarbeiterInnen der UMIT oder jene nach einer möglichen Klage wegen der Bezeichnung der UMIT als "Titelkaufhaus" durch die Tageszeitung Der Standard. Auf manche Fragen wurden weitere Antworten versprochen. Der UMIT-Ausschuss selbst hat eine neue Liste von Geladenen erstellt, die beim nächsten Mal befragt werden sollen: Markus Schwab, Roland Staudinger, Armin Graber, Bernhard Tilg, Patrizia Zoller-Frischauf, Karlheinz Töchterle und Herbert Lochs und wird damit seine Erhebungen weiterführen.

Auch wenn heute seitens der UMIT versucht wurde, die Wahrheitsfindung zu behindern so gut es geht, bin ich dennoch zuversichtlich: Wir werden uns nicht behindern lassen und alles aufklären, was an der UMIT schiefgelaufen ist und wer dafür verantwortlich ist. Wenn die Kooperationsbereitschaft der UMIT nicht steigt, dann werden wir auch zu schärferen Mitteln greifen, das war heute als Stimmung im Ausschuss deutlich spürbar.

Tiroler Tageszeitung: Staudingers Frau gekündigt, Streit um Maulkorb

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

der artikel ist viel zu lang