Freitag, 29. November 2013

Und sie bewegt sich doch

Der Aufschrei aus der Zivilgesellschaft hat sich gelohnt: Der TIWAG-Generalangriff auf die Solarwende in Tirol ist abgeblasen. Und das geht so:

Eine private Photovoltaikanlage hat Produktionsspitzen, und ein privater Haushalt hat Verbrauchsspitzen. Der überschüssige Strom von kleinen Anlagen (bis 5 kwpeak) kann deshalb ins TIWAG-Netz eingespeist werden und wurde bisher mit 15 Cent je Kilowattstunde vergütet. Der aus dem TIWAG-Netz entnommene Strom musste voll bezahlt werden, zum Beispiel zum Preis von 17 Cent pro Kilowattstunde - abhängig vom jeweiligen gewählten Tarif. Abgerechnet wurde viertelstündlich. Das war natürlich nicht im Interesse der Photovoltaik-BetreiberInnen, weil damit nur sehr kurze Durchrechnungen erreicht wurden. So lange Einspeisevergütung und Kosten für TIWAG-Strom jedoch ähnlich waren, war das nicht so tragisch.

Nun hat die TIWAG angekündigt, die Einspeisevergütung von 15 je nach Anlage auf 12 oder 9 Cent pro Kilowattstunde zu kürzen. Das wäre zum massiven Nachteil für Photovoltaik-BetreiberInnen. Amortisationszeiten verlängern sich, und neue InvestorInnen überlegen sich ob sie überhaupt Anlagen auf ihre Dächer bauen sollen. Aus der Branche wurde massive Verunsicherung berichtet, nach ersten Schätzungen stehen etwa 30-50 Arbeitsplätze in Tirol auf der Kippe.

Zum Glück gab es einen Aufschrei aus der Zivilbevölkerung für die Solarwende, und auch wir Grüne konnten uns gezielt einsetzen: Nun bewegt sich die TIWAG doch. Der Vorstandsbeschluss wird geändert, und zwar so:

Die bisherige viertelstündliche Abrechnung wird auf eine Jahresabrechnung umgestellt. Der im Sommer zu viel produzierte Strom kann also im Winter verbraucht werden ohne dass Kosten entstehen. Bei einer 5 kwpeak-Anlage werden im Jahr etwa 5.000 kWh produziert, und das ist in etwa die Menge, die ein Einfamilienhaus im Jahr verbraucht. Das bedeutet: Die Kürzungen sind de facto zurückgenommen!

Von der Jahresdurchrechnung profitieren somit alle BetreiberInnen kleiner Photovoltaikanlagen. Sie müssen nämlich viel weniger Strom von der TIWAG kaufen. Und für die Abnahme über den Jahresverbrauch hinaus, also für echten Überschussstrom vergütet die TIWAG 60% der Gestehungskosten, derzeit etwa 9 Cent. Ich glaube, das ist eine recht gute Lösung im Sinne der Solarwende und der BetreiberInnen von Photovoltaikanlagen. Und es zeigt sich, dass sich selbst die TIWAG bewegt, wenn der Druck aus der Bevölkerung entsprechend groß ist.

Donnerstag, 28. November 2013

Ihr Blasmusikverband empfiehlt: Standschützenmarsch nicht mehr spielen

Nicht verbieten, sondern überzeugen. Das war von Anfang an unsere Linie in Sachen Standschützenmarsch. Dieser Marsch wurde vom damaligen NS-Gaumusikleiter Sepp Tanzer für Gauleiter Hofer komponiert. Nachdem die Geschichte des Marsches bekannt geworden ist, wurde der Ruf nach einem Verbot laut, damit der Marsch nicht mehr bei landesüblichen Empfängen gespielt wird. Mein Weg war immer: nicht verbieten, sondern die Musikkapellen überzeugen.

Auf der Homepage des Blasmusikverbandes steht nun, nach einem Vorspann über die NS-Geschichte: "(...) Der Blasmusikverband Tirol wird informieren und sensibilisieren, um Verantwortungsbewusstsein und eine kritische Betrachtungsweise von Musikwerken zu fördern. Zur Problematik 'Standschützen-Marsch': Der 'Standschützen-Marsch' von Sepp Tanzer ist durch seine ursprüngliche Widmung an den Gauleiter Hofer belastet. Der Blasmusikverband Tirol empfiehlt daher seinen Mitgliedskapellen, auf das Spielen dieses Marsches aus Respekt vor den Opfern des NS-Regimes zu verzichten."

So wünsch ich mir das - mögen andere dem Beispiel folgen!

Mittwoch, 27. November 2013

Innsbruck ist kein Tummelplatz (mehr) für rechte Recken

Am Innsbrucker Westfriedhof steht er. Der Gedenkstein für die verstorbenen Burschenschafter der Suevia. Und mitten unter ihnen: Der NS-Mörder Gerhard Lausegger, der in der Pogromnacht vom 9. November 1938 eigenhändig einen jüdischen Innsbrucker erschlagen hat.

Da fällt es nur schwer, an Zufall zu glauben dass ausgerechnet im November 2013, 75 Jahre nach dem Judenpogrom in Innsbruck, der gemessen an der EinwohnerInnenzahl jüdischer BürgerInnen zu den grausamsten im Deutschen Reich zählt, der Verbandstag der Deutschen Burschenschaft in Innsbruck stattfinden soll.

Die Deutsche Burschenschaft, das muss man dabei wissen, ist jener Teil der Burschenschaften die sich bis heute weigern, ihre grausame Verstrickung in die Vergangenheit anzuerkennen. Das ist nicht der Mainstream der Burschenschaften - wenn es so etwas gibt - sondern ihr rechter Rand; beobachtet vom deutschen Verfassungsschutz. Dort tummeln sich die Rechten unter den rechten Recken.

1994 gab es einen Burschenschaftskommers in Innsbruck. 2000 gab es einen Burschenschaftskommers in Innsbruck. 2009 gab es einen Burschenschaftskommers in Innsbruck. Jeweils mit Unterstützung der amtierenden Regierung, in Stadt und Land. 2009 habe ich selbst einen Antrag im Landtag gestellt, dem Treffen keinen Saal im öffentlichen Eigentum zu überlassen. In meiner Initiative 2009 habe ich beantragt: Die Landesregierung soll sich distanzieren, keine öffentlichen RepräsentantInnen sollen daran teilnehmen und öffentliche Säle wie Congress und Messe sollen nicht zur Verfügung gestellt werden. Wer war gegen den Antrag? ÖVP, SPÖ und Liste FRITZ.

Die Versammlungsfreiheit ist dabei unbestritten. Von mir aus können sich die Burschenschafter auch auf der Maria-Theresien-Straße oder vor dem Goldenen Dachl versammeln. Das muss eine Demokratie aushalten. Ich will aber nicht, dass Stadt und Land mit so einem Treffen Geld verdienen.

1994, 2000, 2009. Und 2013 sollte es wieder so weit sein. Nun aber ist es anders. Nun ist es genug. Eine breite Zusammenarbeit von engagierten Menschen aus der Zivilgesellschaft, der israelitischen Kultusgemeinde, der Bürgermeisterin von Innsbruck, dem Innsbrucker Stadtsenat und Gemeinderat und schließlich auch der Landesregierung hat sich entschieden: An diesem Treffen wird die öffentliche Hand nichts verdienen, es gibt dafür keine Säle im öffentlichen Eigentum.

Nun, was hat sich seit 2009 verändert? Vieles, sicherlich. Auch in anderen politischen Gruppierungen, auch in der Zivilgesellschaft. Am auffälligsten ist aber doch die Regierungsbeteiligung der Grünen in Stadt und Land, die es 2009 noch nicht gegeben hat. Wir dürfen stolz sagen: Wir tragen dazu bei, mit anderen. Und das Ergebnis zählt - darüber freue ich mich. Danke allen, die dazu beigetragen haben! Innsbruck ist kein Tummelplatz für rechte Recken mehr.

Montag, 25. November 2013

Eine Förderung für die Solarwende

450.000 Euro will die TIWAG einsparen, indem sie einseitig die Tarife für die Einspeisung überschüssigen Solarstroms von BetreiberInnen von Photovoltaik-Kleinanlagen kürzt. 450.000 Euro, die es in sich haben. Seitdem der TIWAG-Vorstand diese Maßnahme nämlich bekannt gemacht hat, klingeln bei uns die Telefone. Das wäre ja noch egal - das Problem aber ist: sie klingeln auch bei Photovoltaik-Installateuren. Ich habe mich bei BranchenkennerInnen schlau gemacht, wie sich die Verunsicherung auswirken wird und was bisher bereits absehbar ist. Ein Betrieb in einem Seitental des Inntals zum Beispiel rechnet konkret damit, 2-2,5 MitarbeiterInnen nicht mehr beschäftigen zu können, weil geplante Anlagen bereits storniert wurden. Wenn man die erwarteten Kürzung addiert ist zu befürchten, dass 30-50 Arbeitsplätze in Tirol durch diese kurzsichtige TIWAG-Maßnahme verloren gehen werden.

Dabei klang die Geschichte der Einspeisetarife vor Kurzem auf der TIWAG-Homepage noch anders: "'Mit ihrem Engagement im Bereich der Photovoltaik fördern die Tiroler EVUs langfristig eine umweltfreundliche und nachhaltige Technologie. Damit setzen wir eine weitere Maßnahme zur Erreichung der Ziele der Tiroler Energiestrategie 2020. Wir leisten damit einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz – auch für künftige Generationen', erklärte Vorstandsvorsitzender Dr. Bruno Wallnöfer abschließend."

Es gibt keinen Grund, warum die TIWAG diesen Beitrag zur Solarwende nun nicht mehr leisten sollte. Noch dazu fällt die Kürzung der TIWAG mit Kürzungen aus dem Klimafonds zusammen und kann sich zum Todesstoß für die Photovoltaik-Kleinanlagen in Tirol entwickeln. Dabei muss man sich jetzt schon immer schämen, wenn man aus Bayern zurück nach Tirol fährt und sieht, was sich dort auf den Dächern entwickelt hat und wie das bei uns noch traurig aussieht. Wir lassen jedenfalls nicht locker - wir haben ja ganz bewusst im Koalitionsprogramm eine Photovoltaik-Offensive und prioritäre Förderung für erneuerbare Energien wie Solarkollektoren vereinbart. Jetzt sind TIWAG-Vorstand und TIWAG-Eigentümervetreter gefragt.

Donnerstag, 21. November 2013

Verunsicherung für Photovoltaik-BetreiberInnen: Ohne uns

Vorgestern hat uns die TIWAG alle überrascht: Die Einspeisevergütung für Strom aus privaten Photovoltaik-Anlagen soll gekürzt werden, von bisher 15 Cent auf 9 Cent je Kilowattstunde und bei Anlagen, die vor 2012 errichtet wurden auf 12 Cent. Argumentiert wird damit, dass die Investitionen in Photovoltaikanlagen deutlich günstiger geworden sind. Das stimmt auch, die Preise sind hier rasant gefallen. Das hilft BesitzerInnen von älteren Photovoltaik-Anlagen jedoch wenig.

Was ich am unklügsten an der Geschichte finde ist die Verunsicherung, die für Menschen entsteht, die in Photovoltaik-Anlagen investieren. Wer heute sieht, dass die Einspeisevergütung einfach gekürzt werden kann wird sich nämlich auch Gedanken darüber machen, ob das in Zukunft wieder passieren wird. Dann muss man Amortisationszeiten allerdings ganz anders berechnen als das bisher der Fall war. Die Unsicherheit kann zur Folge haben, dass weniger in Sonnenstrom investiert wird, und das ist jedenfalls ein Fehler.

Für Feinspitze: Die TIWAG erwirbt damit Sonnenstrom um 9 Cent pro Kilowattstunde. Jeder Cent um den sie ihn teurer an EndkundInnen verkauft ist direkter Gewinn für die TIWAG, auf Kosten von Privaten.

Die TIWAG hat angekündigt, das ihrerseits eingesparte Geld in Gemeinde-Energieeffizienz-Programme zu stecken. Das ist ja wunderbar. Das macht den Schaden aber nicht gut, der durch diese Maßnahme hervorgerufen wird. Ich kann mir eine Kürzung der Einspeisevergütung aufgrund gesunkener Investitionskosten in Photovoltaikanlagen schon vorstellen - allerdings nur für Neuanlagen. Für Altanlagen halte ich das für einen Fehler, weshalb die Maßnahme der TIWAG nicht die Zustimmung der Grünen findet. Wir wollen in Kraftwerke erneuerbarer Energien investieren - und auch Solaranlagen sind Kraftwerke.

Dienstag, 19. November 2013

Mehr Bus, mehr Bahn

Dass sich die grüne Regierungsbeteiligung für alle TirolerInnen lohnt müssen die Menschen natürlich auch spüren. Kaum irgendwo wird das mehr eingefordert als beim öffentlichen Verkehr - verständlicherweise. Für das Budget 2014 haben wir 7 Millionen Euro mehr als im Vorjahr für Bus, Bahn und Radwege herausverhandelt. Und mit der Fahrplanumstellung am 15.12. wird das eine oder andere davon schon sichtbar und ich hoffe, viele Menschen haben damit Freude:

1. Verlängerung der S-Bahn von Innsbruck nach Jenbach. Das bringt viele verbesserte Angebote nicht nur für den Knoten Jenbach sondern auch für die Orte an der Strecke, zum Beispiel Schwaz. Auf der S-Bahn bis Jenbach gibt es dann ein halbstündiges Taktangebot und viele schnelle Züge zwischendurch. Damit kann man hier guten Gewissens zum Bahnhof gehen ohne auf den Fahrplan schauen zu müssen - echtes Merkmal einer S-Bahn. Ab Jenbach schließen dann verbesserte Busverbindungen zum Achensee an.

2. Zusätzliche Railjethalte in Imst-Pitztal und Ötztal-Bahnhof konnten verhandelt werden, um die Verschlechterungen der ÖBB im Intercity-Angebot zu kompensieren. Auch neue REX-Leistungen wurden auf dieser Strecke vom Land bestellt.

3. Nach Lienz geht es künftig vier Mal am Tag direkt mit dem Schnellbus, hier der Fahrplan. Weil hier besonders viele Studierende fahren gibt es ein Extra-Angebot: Bis zu 5 Personen fahren künftig gemeinsam Innsbruck-Lienz mit dem Schnellbus um 32 Euro. Das macht pro Kopf dann nur mehr 6,40 Euro und das halte ich für ein gutes Angebot - das gilt übrigens auch ohne ÖBB-Vorteilscard.

4. Darüber hinaus gibt es viele kleine Verbesserungen: bessere Busverbindungen in Telfs oder Wörgl etwa, mehr Verbindungen auf der Karwendelbahn und kürzere Halte und damit eine Attraktivierung der Bus-Durchmesserlinien in Innsbruck.

Ich denke das ist ein erster wichtiger Schritt für besseren öffentlichen Verkehr in Tirol. Viele weitere Schritte müssen folgen. Neben dem attraktiveren Angebot sind das insbesondere auch billigere Tickets. Da ist Mobilitätslandesrätin Ingrid Felipe fleißig dran, aber auch diese Verbesserungen waren schon viel Arbeit.  Das Lob vom Arbeitskreis Fahrgast hat mich jedenfalls sehr gefreut weil es die Arbeit honoriert, die hinter den Verbesserungen steckt. Und das Lob ist auch Motivation für die nächsten Schritte.

Freitag, 15. November 2013

375.000 Euro

Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht. 375.000 Euro nämlich. Die hatte der Tierseuchenfonds auf der hohen Kante. Der Tierseuchenfonds ist ein Landesfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit. Davon gibt es eine ganze Reihe. Wenn die Landesfonds zu viel Geld haben, dann leihen sie es üblicherweise wieder dem Land, damit das Land selbst weniger Kredite bei Banken aufnehmen muss. Der Tierseuchenfonds hat es anders gemacht und die 375.000 Euro zur Bank getragen und dort in Anleihen investiert.

Der Landesrechnungshof hat sich diesen Vorgang jetzt angeschaut und findet, dass diese Entscheidung spekulativ war und außerdem keine schriftliche Dokumentation über die Kaufentscheidung vorliegt.

So schnell beweist sich also, dass die schwarzgrüne Koalition mit dem Spekulationsverbot per Gesetz goldrichtig lag: Ab 1.1.2014 wird ein Spekulationsgeschäft dieser Art nicht mehr möglich sein, da ist es gut dass vom Gesetz nicht nur der Landeshaushalt selbst sondern auch Stiftungen, Fonds und Gemeinden umfasst sind und per Regierungsbeschluss auch die Landesunternehmen.

Aus dem vorhandenen Geld mehr herauszuholen ist offenbar eine tägliche Versuchung - sogar für so biedere Institutionen wie den Tierseuchenfonds. Im konkreten Fall ist nichts passiert, alles ist gut gegangen. Aber wenn die Bank in Schwierigkeiten gewesen wäre oder der Euribor ins Schwanken geraten: Dann hätte vermutlich wieder niemand Schuld sein wollen.

Update (weil's irgendwo verloren gegangen ist): Für mich bedeutet diese kleine Geschichte auch, dass es mehr Transparenz für die Landesfonds braucht. Den ersten Schritt haben wir bereits mit einer Sonderprüfung  des Landesrechnungshofes über den Gemeindeausgleichsfonds gesetzt. Welche Maßnahmen wir sonst noch zur Erhöhung der Transparenz setzen können darüber gibt es derzeit fruchtbare Diskussionen, ich werde zu gegebener Zeit erzählen welche Optionen sich ergeben. Man muss sich dafür ziemlich viele Fonds, ziemlich viele Gesetze und Richtlinien anschauen und das braucht ein bisschen Zeit, die nehmen wir uns auch dafür.

Donnerstag, 14. November 2013

Eine Landtags-Festsitzung

Gibt es heute zur Verleihung des Rings des Landes Tirol basierend auf einem einstimmigen Beschluss des Tiroler Landtags über die Verleihung des Rings an Altlandeshauptmann Luis Durnwalder, beginnend um 11 Uhr. Hier der Livestream:

 

Wenn der Live-Stream oben nicht geht gibt es hier und hier noch zwei weitere Möglichkeiten.

Dienstag, 12. November 2013

Agrar für alle

Da war doch einiges an Polemik zu hören: Wir würden uns verstecken, wir würden uns von der ÖVP hinters Licht führen lassen, wir spielen auf Zeit und dem Bauernbund in die Karten und so weiter, weil wir im Koalitionsabkommen festgehalten haben dass wir mit der Agrarlösung warten bis das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu den Themen Überling und Jagdpacht da ist. Das Urteil sei bedeutungslos hieß es.

Nun, seit gestern wissen wir dass unsere Entscheidung richtig war. Mit diesem Erkenntnis hat der VfGH nämlich für einen Paukenschlag gesorgt: Den Gemeindegutsagrargemeinschaften steht genau jener Ertrag aus der Agrargemeinschaft zu, den sie zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfs brauchen. Das sind üblicherweise einige Festmeter Holz zum Heizen und ein paar Festmeter Holz wenn sie etwa einen neuen Stall bauen. Der gesamte Rest gehört der Gemeinde: nicht nur der Substanzertrag wie bisher - also etwa Erträge aus Autobahnraststätten, Schottergruben, Skiliften und Co - sondern nun auch der gesamte Überling aus der agrarischen Nutzung und die Einnahmen aus der Jagdpacht.

In dieser Deutlichkeit war das Erkenntnis wohl nur von wenigen erwartet worden. Das bedeutet in der Folge nämlich auch, dass die Rücklagen der Agrargemeinschaften ebenfalls an die Gemeinde gehen. In der Koalition hatten wir gestern eine Reihe von Besprechungen zum Erkenntnis und es ist allen gemeinsam klar: Das VfGH-Erkenntnis wird auf Punkt und Beistrich umgesetzt. Losgelöst von der Frage, ob das nun allen gefällt oder nicht.

Die Gemeinden haben auch schon ohne Rückübertragung zu ihrem Recht zu kommen. Das ist genau das, was wir Grüne seit Monaten sagen und wofür wir durchaus auch geprügelt wurden: Es gibt einen schnelleren Weg als die Rückübertragung, wie die Gemeinden zu ihrem Recht kommen. Auf diesem Weg hat uns der Verfassungsgerichtshof gestern einen großen Schritt nach vorne befördert. Nun arbeiten wir mit Hochdruck daran, das neue Wissen aus dem VfGH-Erkenntnis in unseren Gesetzentwurf einzuarbeiten. Das Abwarten hat sich ausgezahlt - die Hinhaltetaktik der letzten Agrarier hat sich damit erledigt.

Wie erklärt der Anwalt vieler Agar-Radikalinskis, die mit allen Mitteln versucht haben, die Ansprüche der Gemeinden zu verhindern - Bernd Oberhofer - heute in der Tiroler Tageszeitung? "Mit dieser Judikatur ist das System der Gemeindegutsagrargemeinschaften wirtschaftlich tot." Oder eigentlich, wenn man genauer ist als Oberhofer: Mit diesem Urteil ist das System der Bereicherung aus Gemeindegutsagrargemeinschaften wirtschaftlich tot. Nun hat die Agar wieder für die gesamte Gemeinde da zu sein.

Montag, 11. November 2013

Viele kleine Schritte

Ein neuer Umgang mit der Geschichte Tirols ist keine Frage einer Verordnung. Ein neuer Umgang mit der Geschichte Tirols ist eine Frage der Entwicklung, un diese Entwicklung geschieht diskursiv. Deshalb braucht es auch viele kleine Schritte für eine neue Erinnerungskultur. Einer dieser vielen kleinen Schritte sieht so aus:

Seit 1981 wird der Emil Berlanda-Preis für zeitgenössische Musik vergeben. Benannt ist der Preis nach Emil Berlanda, der Mitglied im der NS-Ideologie nahe stehenden "Arbeitskreis Tiroler Komponisten" war - so widmete er etwa 1938 ein Stück Adolf Hitler zum 49. Geburtstag und schickte dieses an die Reichskanzlei in Berlin. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. 2011 war dies zuletzt der Fall.

Feinspitzen ist schon aufgefallen, dass 2013 kein Emil Berlanda-Preis mehr vergeben wurde. Vor einer neuerlichen Vergabe des Preises will Kulturlandesrätin Beate Palfrader die Landesregierung befassen, um die Namensfrage zu diskutieren. Die neue Landesregierung wird dann eine Umbenennung des Preises vorschlagen.

Ich glaube das ist einer jener kleinen vielen Schritte, die wir brauchen und die es in der Vergangenheit nicht gegeben hat. Und dass beide Regierungsparteien, wie in der Tiroler Tageszeitung vom vergangenen Samstag geschehen erklären, sie würden den dem NS-Gauleiter gewidmeten Standschützenmarsch nicht mehr spielen ist wohl ein weiterer kleiner Schritt. Mögen viele kleine und größere Schritte folgen.

Freitag, 8. November 2013

Licht für den Fonds

Der Gemeindeausgleichsfonds dient zum Ausgleich von finanziellen Vor- und Nachteilen von Tiroler Gemeinden. Gelder der Gemeinden werden in einen gemeinsamen Topf geworfen, der vom Land verwaltet wird und neu zwischen den Kommunen aufgeteilt. Damit soll Geld von reicheren zu ärmeren Gemeinden gehen und vor allem Geld an jene Kommunen fließen, die gerade wichtige Projekte anstehen haben. So werden jährlich an die 90 Millionen Euro in Tirol umverteilt: für Kindergartensanierungen, Schulbauten, Kreisverkehre, Behebung von Katastrophenschäden, Kanalinfrastruktur, Ausgleich von Budgetdefiziten bei ganz armen Gemeinden und auch die eine oder andere Finanzierung die nicht so sinnvoll ist. Aber überwiegend passieren mit den Mitteln des Gemeindeausgleichsfonds sinnvolle Dinge.

Viel Geld, keine Frage. Da wollen natürlich alle wissen, was damit passiert. Wer bekommt wie viel und warum? In der gestrigen Landtagssitzung gab es dazu eine aktuelle Stunde, die von Vorwärts Tirol (ja, die gibt's noch) einberufen wurde. Darin kritisierte Vorwärts-Landtagsabgeordnete Maria Zwölfer den Gemeindeausgleichsfonds als "Missbrauch von Macht in den Händen einiger weniger" und vergaß, dass ihr Klubobmann Hans Lindenberger selbst, als er noch bei der SPÖ und Landesrat war, Beschlüsse über den Gemeindeausgleichsfonds gefasst hat.

Ich bin aber inhaltlich ganz bei jenen, die gerne mehr Licht im Fonds hätten. Seit einem knappen halben Jahr sind ja auch wir Grüne mit der Verteilung von Mitteln aus dem Gemeindeausgleichsfonds befasst. Und gerade aus dieser Erfahrung heraus traue ich mich zu sagen: Es macht Sinn, wenn es Transparenz und Kontrolle gibt. Wenn man weiß, dass alles irgendwann an die Öffentlichkeit kommen wird, dann ist die Versuchung schon viel kleiner, an Schweinereien auch nur zu denken. Das Verantwortungsgefühl steigt sprunghaft an, und das ist gut so.

Wir haben deshalb in der gestrigen Landtagssitzung mit den Unterschriften von Abgeordneten der Grünen und der Tiroler Volkspartei die politische Taschenlampe auf den Weg geschickt: Wir haben eine Sonderprüfung des Gemeindeausgleichsfonds durch den Landesrechnungshof in Auftrag gegeben. Der Landesrechnungshof soll sich genau anschauen, wofür die Gelder ausgegeben wurden - an welche Gemeinden, mit welchen Begründungen und mit welchem Erfolg. So kommt alles an den Landtag und auch an die Öffentlichkeit.

Wenn man von Transparenz nicht nur reden will sondern sie auch tatsächlich schaffen, dann war dies gestern ein wichtiger Schritt. Hunderte Millionen Euro werden so transparent. Den Tiroler Medien war das übrigens kaum eine Zeile wert. Man muss eben Prioritäten setzen. Licht in den Fonds kommt trotzdem.

Mittwoch, 6. November 2013

Landtag live

Heute und morgen ab 9 Uhr gibt's hier wieder den Livestream aus der Landtagssitzung. Themen sind unter anderem die Aufhebung des Bettelverbots und die Einführung eines Spekulationsverbots.

 

Wenn der Live-Stream oben nicht geht gibt es hier und hier noch zwei weitere Möglichkeiten.

Dienstag, 5. November 2013

Das offizielle Tirol-Bild

Das offizielle Tirol-Bild brauche eine Korrektur heißt es heute in der Tiroler Tageszeitung. Und der SP-Abgeordnete und Werbeagenturbesitzer Thomas Pupp verlangt in einem seiner seltenen Landtagsanträge gar eine eine "Neukonzeption des offiziellen Tirol-Auftritts". Anlass ist die Diskussion darüber, wie das Land mit seiner Geschichte und dem Erinnern an seine Geschichte umgehen soll.

Ich habe jetzt zwei Tage nachgedacht, was mich an dieser Diskussion so stört, und ich glaube ich weiß es jetzt. Ich denke, es ist die Vorstellung dass es ein "offizielles Tirol-Bild" oder einen "offiziellen Tirol-Auftritt" überhaupt gäbe. Dahinter steckt nämlich entweder die Vorstellung eines Werbetexters oder eine recht obrigkeitsstaatliche Vorstellung davon, was ein Staat sei. Ich dachte eigentlich, wir hätten diese Phase schon überwunden und befinden uns in einem gesellschaftlichen Diskurs darüber, was Tirol eigentlich sein soll. Wenn nun darauf rekurriert wird, dass es ein "offizielles" Tirol-Bild gebe, dann reproduziert man genau jene Vorstellung, über die wir eigentlich schon hinweg sein wollten.

Ich will mir nicht vorschreiben lassen, wie Tirol zu sein hat. Ich wünsche mir eine offene Gesellschaft, in der es Platz für vieles gibt. Ich wünsche mir aber kein "offizielles Tirol-Bild", ganz unabhängig davon wie dieses Bild aussehen mag. Weder ein verstaubtes noch ein modernes. Ich wünsche mir eine Gesellschaft der Vielfalt.

Und ganz unabhängig davon wünsche ich mir einen andere politischen Umgang mit der Tiroler Geschichte und der Erinnerung an sie. Irgendwie ist es dabei schon putzig, wenn in der Tiroler Tageszeitung lapidar berichtet wird, die SPÖ sei für die Aberkennung der Ehrungen für den ehemaligen NS-Gaumusikleiter Sepp Tanzer - wo sie ihm selbst doch die Auszeichnungen verliehen hat, zuletzt noch 2008 die Ehrung mittels einer Schulbenennung. Ich finde, da sollte nicht ganz unerwähnt bleiben dass es schwarz-grün brauchte, um diese Ehre wieder abzuerkennen.

Damit wird es nicht getan sein, bei Weitem nicht. Als ehemaligem Gedenkdiener in einer KZ-Gedenkstätte wird man mir schwer meine persönliche Haltung dazu absprechen können. Wir haben aber auch schon politisch erste Maßnahmen gesetzt - dazu gehören etwa 100.000 Euro im Jahr 2014 für Forschungen zur NS-Erinnerungskultur. Und ja, dazu gehört auch das Wedekind-Gutachten - wo man sich nun mokiert, es sei "verschämt" auf die Homepage gestellt worden; immerhin wurde es beauftragt und veröffentlicht; das kann man von den vergangenen 68 Jahren SPÖ-Regierungsbeteiligung in Tirol so ja nicht behaupten. Und auch damit wird es nicht getan sein: Wir haben einen neuen Umgang mit der Erinnerungskultur, insbesondere auch an die NS-Zeit im Koalitionsprogramm festgeschrieben. Und wir sind in diesem Moment dran, entsprechende Regierungsanträge vorzubereiten. Sind sie schon fertig? Nein. Wurde Rom an einem Tag erbaut? Auch nein. Wird es mit den derzeit in Vorbereitung befindlichen Regierungsbeschlüssen schon getan sein? Wiederum nein.

Es wird viele Dinge geben, über die wir uns unterhalten werden müssen - der Umgang mit dem Standschützenmarsch gehört dazu. Angestoßen von Markus Wilhelm gibt es darüber zum Glück eine Diskussion - und sie hat sowohl in der Landesverwaltung schon einiges bewegt wie sie auch im Blasmusikverband Diskussionen angestoßen hat. Wo uns diese Diskussion hinführen wird? Das weiß ich noch nicht; wenn ich das wüsste bräuchte es die Diskussion ja nicht. Ein bisschen Geduld wird man hier von allen Beteiligten wohl verlangen dürfen. Der Standschützenmarsch wird aber ebenfalls nicht das einzige sein, worüber wir reden sollten. Noch immer ist in vielen Köpfen in Tirol und auch in der Tiroler Politik noch nicht angekommen, wie ein bewusster Umgang mit Tirols Geschichte aussehen könnte, und dass es in dieser Geschichte Licht und Schatten gibt - im Land ebenso wie in vielen Familien. Ich habe mich deshalb darüber gefreut, dass die Premiere von "Zersplitterte Nacht" im Metropol-Kino gut besucht war: das Thema ist die Pogromnacht vom 9. November 1938 in Innsbruck und der Mord an vier Innsbruckern in dieser Nacht. Und ich habe den Diskussionen dort vor Ort entnommen, dass es jetzt vielleicht die Chance gibt, endlich einmal etwas gegen das Grab des Mörders Gerhard Lausegger am Innsbrucker Westfriedhof zu tun. "Das gibt uns jedes Mal einen Stich ins Herz, wenn wir am Weg zum jüdischen Friedhof daran vorbei müssen" sagte Esther Fritsch, die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde dazu. Und die Reaktion ihrer Gesprächspartnerin dazu hat mich sehr gefreut, vielleicht wird sie sie demnächst selbst öffentlich machen.

Ein kritischer und verantwortungsvoller Umgang mit der NS-Geschichte Tirols ist nichts, was sich innerhalb einiger Wochen verwirklichen lässt. Er ist vor allem nichts, was sich verordnen lässt, schon gar nicht in Form eines "offiziellen Tirol-Bildes". Ein kritischer und verantwortungsvoller Umgang ist ein demokratischer Umgang, und ein "offizielles Tirol-Bild" ist das Gegenteil eines demokratischen Umgangs.

Montag, 4. November 2013

Die Autohasser

Das sind wir Grüne. Zumindest derzeit auf den LeserInnenbriefseiten der Tiroler Gazetten. Und das kommt so: Weil immer mehr Autos in die Innsbrucker Innenstadt drängen, soll der Kurzparkzonentarif um einige Cent angehoben werden. Damit die AnrainerInnen in den umliegenden Stadtteilen nicht unter den ausweichenden Autos leiden, werden die Parkzonen außerhalb ausgedehnt. Für die InnsbruckerInnen gibt es weiterhin günstige Dauerparkkarten, und begleitend zur Erhöhung der seit vielen Jahren nicht mehr angepassten Tarife wird es ein Begleitprogramm von billigeren Öffi-Tickets bis Radwegausbau geben. Und deshalb sind wir Grüne die Autohasser. Oder so ähnlich.

Wenige Themen lassen die Emotion in der Bevölkerung so hochkochen wie das eigene Auto. Dabei geht es nicht einmal um die Motorisierung an sich. Seit drei Tagen etwa gilt ein verschärftes Nachtfahrverbot für bestimmte LKW-Schadstoffklassen auf der Autobahn. Auch von Grünen durchgesetzt übrigens, in dem Fall nicht von den Innsbrucker sondern von den Tiroler Grünen. Aufschrei? Keiner, von einem ÖVP-Nationalrat außer Dienst einmal abgesehen.

Der Aufschrei kommt dann, wenn es um die eigene Tonne Blech geht. Wo die BürgerInnenbeteiligung hier geblieben sei, moniert die ÖVP, die in der Parkraumbewirtschaftung nichts weiter gebracht hat, als sie in der Stadt noch dafür zuständig war. "Park dich arm" titelt heute ein Innsbrucker Gratis-Magazin, wegen der Erhöhung um 20 Cent.

Irgendwie hat sich die Vorstellung eingebürgert, dass mit dem Erwerb einer Tonne Blech auch gleichzeitig das Recht erworben wurde, eben dieses Blech gratis im öffentlichen Raum jederzeit und überall stehen lassen zu können. Das ist in einer Stadt mit ihrem beschränkten Raum aber schwierig. Dort, wo sogar Gastgärten dafür bezahlen müssen, dass sie sich im öffentlichen Raum ausbreiten dürfen sollen ausgerechnet motorisierte Stinker gratis herumstehen dürfen?

Gleichzeitig mit dem Kampf für mehr Autos in der Stadt wird an anderer Stelle in Innsbruck übrigens auch noch ein Kampf gegen bessere Öffis geführt. Die Regionalbahn trifft in ihrer konkreten Planung auf Widerstand, weil Menschen befürchten, dass ihre Wohnungen weniger wert werden, wenn sich davor eine Straßenbahnhaltestelle befindet. Bisher war zwar immer das Gegenteil der Fall, aber offenkundig handelt es sich hier um tief sitzende Ängste.

Keine leichten Zeiten jedenfalls für eine Politik, die die Verkehrswende schaffen will. Trotzdem halte ich es für richtig, öffentlichen Verkehr auszubauen und zu verbilligen und den Autoverkehr unattraktiver zu machen. Heute schütteln alle den Kopf, wie unklug es vor Jahrzehnten war, Straßenbahnlinien wie die Haller einzustellen. Wenn wir heute nicht engagiert an den Ausbau der Öffis und die Einschränkung des Autoverkehrs gehen, dann wird man in dreißig Jahren den Kopf über uns schütteln. Und das wollen wir hoffentlich nicht.