Samstag, 7. März 2009

Solidarität oder Ellbogen in der Krise und danach

Krisenzeiten sind Zeiten, in denen sich entscheidet, wie die Gesellschaft für die nächsten Jahrzehnte aussieht. Wie jetzt auf in der Krise reagiert wird, das wird unsere Gesellschaft noch sehr lange gestalten. Dabei geht es nicht nur um die Reaktion von uns Grünen, sondern vor allem auch um die Reaktion der großen Volksparteien.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, auf ökonomische Bedrohungen zu reagieren: Entweder Ellbogen ausfahren oder Solidarität entwickeln.

Derzeit werden die Ellbogen in der Gesellschaft ausgefahren wie ich das in meinem Leben jedenfalls noch nicht erlebt habe. Beispielsweise wird, angefangen bei den LehrerInnen, auch begonnen, auf eine Berufsgruppe einzutreten - ganz egal, ob sie das eigentlich verdient hat oder nicht. Wie hier gearbeitet wird macht mir Angst. Die LehrerInnen sind aber nicht die einzigen, die derzeit die Ellbogen zu spüren bekommen. In direkten Gesprächen mit vielen Menschen bemerke ich eine massive Entsolidarisierung. An manchen Schulen war die Entsolidarisierung schon länger spürbar, beispielsweise an Handelsakademien. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass sich diese Haltung auf fast alle Schultypen durchgeschlagen hat. Der eigene Erfolg wird über den Erfolg der anderen gestellt, ja er ist nur durch den Misserfolg der anderen überhaupt möglich.

Wenn man eine Umfrage machen würde: Sollen RichterInnen mehr arbeiten? Oder StraßenkehrerInnen? Oder sollen BeamtInnen generell weniger verdienen? Oder sollten PolitikerInnen nicht eigentlich fleißiger sein? --- Derzeit würde jede dieser Fragen mit Ja beantwortet, da bin ich mir ziemlich sicher.

In Jörg Flecker "Die populistische Lücke" kann man sehr schön nachlesen, wie das Ausfahren der Ellbogen am individuellen Arbeitsplatz in Österreich den Boden für den Aufstieg der FPÖ vorbereitet hat. Und das war noch harmlos verglichen mit dem, was jetzt passiert. Das Ergebnis des BZÖ in Kärnten ist wahrscheinlich kein Zufallsergebnis und auch nicht, dass die FPÖ die Wahlen gewinnt. Wenn sich eine Gesellschaft entsolidarisiert, dann gewinnen jene Parteien, die die Entsolidarisierung trotz gegenteiliger Rhetorik auf die Spitze treiben. Und das sind in Österreich FPÖ und BZÖ.

Wir stehen vor der Entscheidungsfrage, ob wir mehr Ellbogen oder mehr Solidarität in dieser Gesellschaft haben wollen. Und diese Frage entscheidet auch darüber, ob wir mehr FPÖ oder mehr Grüne haben wollen. Ich bin überzeugt, dass gerade die Wahlniederlagen der Grünen in den vergangenen Monaten zeigen, dass es uns umso dringender braucht, um für mehr Solidarität und weniger Ellbogen in dieser Gesellschaft zu kämpfen.


Ich richte in meinem Blog eine neue Rubkrik "Die Krise" ein und werde versuchen, dazu regelmäßig Beiträge zu veröffentlichen. Dabei soll es nicht um konjunkturpolitische Maßnahmen gehen (diese finden sich weiter unter "Wirtschaft"), sondern um die Frage, welche Auswirkungen der Wirtschaftskrise wir auf die Gesellschaft sehen. Ich freue mich auf viele Kommentare, und vielleicht auch den einen oder anderen Gastbeitrag.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gebi Mair dazu ein paar Fragen:

Glauben sie im Ernst, dass die grünen Positionen in der Zuwanderungsfrage, welche ausschließlich den Interessen von jenen brutalkapitalistisch agierenden Unternehmen dienen, welche billige Arbeitskräfte im Land haben wollen und vom dadurch erhöhten Arbeitskräfteangebot profitieren (Sie drücken dadurch das Lohnniveau) zu mehr Solidarität und weniger Ellbogentechnik führen?

Ist Ihnen in diesem Zusammenhang nicht klar, dass gewisse Unternehmen daran interessiert sind "teure" Einheimische Arbeitskräfte durch "billige" Migranten zu ersetzen?

Ihr Grünen unterstützt, wenn es um eure antinationale Haltung geht ganz offen sogar tatsächlich brutalkapitalistische Ausbeuter.

Das gleiche Paradoxon erkennt man bei Deiner Haltung zu Südtirol, in der Du Dich nur (wenn überhaupt) nur halbherzig vom ITALIENISCHEN Faschismus distanzierst, weil dich Verbrechen gegen das eigene Volk nicht interessieren oder gar berühren.

Aber zurück zur Solidaritätsfrage: Haltet ihr Grünen es tatsächlich für solidaritätsfördernd, wenn einerseits im geschützten Bereich (Bsp. Lehrer) ein mehr Arbeiten von 2 Stunden unzumutbar sein soll, während zahlreiche Privatangestellte auf die Hälfte ihres Einkommens verzichten MÜSSEN (Stichwort Kurzarbeit) und mit Billigarbeitskräften um ihren Arbeitsplatz konkurrieren müssen?

Haltet ihr Grünen es für tatsächlich solidaritäts- und toleranzfördernd, wenn Familienväter auch in Krisenzeiten Steuern für schwerkriminelle Asylverbrecher, welche darauf abzielen, ihre Kinder drogenabhängig zu machen leisten müssen und dafür (wenn sie sich darüber aufregen) durch Typen aus euren Umfeld als Nazis beschimpft werden?

Denkt einmal über diese Zusammenhänge nach bevor IHR über Solidarität, gesellschaftlichen Zusammenhalt (den gerade eure Politik noch mehr zerstören würde), Ellbogentechnik etc. philosophiert.

Dr. Christian Warum

Anonym hat gesagt…

Ich fordere ein Internierungslager für inländische, brutalkapitalistische Ausbeuter - Problem gelöst.

Anonym hat gesagt…

"jene Parteien, die die Entsolidarisierung trotz gegenteiliger Rhetorik auf die Spitze treiben. Und das sind in Österreich FPÖ und BZÖ."

--> Das ist doch wohl nicht dein Ernst. Wer spaltet das Land in der Lehrerfrage?

Gebi Mair hat gesagt…

Ich will damit nicht gegen politische Konflikte per se anreden. Politische Konflikte sind wichtig und gehören auch dazu. Ich will eher gegen die anreden, die glauben, dass die Krise bedeutet, man müsse nach unten treten und könne als Gesellschaft so insgesamt erfolgreich sein. Nach unten treten, das scheint mir nämlich nicht das Modell zu sein, wie eine Gesellschaft am besten funktionieren könnte...

Anonym hat gesagt…

@ und schon wieder fällt ihr argument der statischen denkweise zum opfer. billig sind diese arbeitskräfte nur aus einem grund, weil sie eben anders als österreichische arbeitskräfte behandelt werden, da gerade die fpö dies aber propagandistisch unterstütz zementiert sie die lohnunterschiede fest (schafft damit künstlich billige "ausländische arbeitskräfte"), und hat danach noch die frechheit die von ihnen mitverursachten lohnunterschiede im wahlkampf als argument für sich zu benutzen. erst eine gleichberechtigung auf dem arbeitsmarkt würde diese lohnunterschiede nichtig machen.

was für einen sinn hat es denn in einer überproduktionskrise mehr zu arbeiten? das einzige motiv das ich dahinter sehen kann ist jenes, dass es in der krise ja allen schlecht gehen soll. man fragt sich nicht mehr was für gründe ein krise hat (gibt es in der neoklassik theoretisch gar kein instrument die krise zu analysieren) und steht ähnlich verdutzt wie ein mittelalterlicher bauer vor dem problem das all die schönen gebrauchswerte nichts mehr wert sind, weil sie auf dem markt nicht mehr abgesetzt werden können. wie der bauer der damals sein heil in einer noch erhöhteren produktion suchte was ihn noch mehr in die krise riss, weil damit seine produkte zusätzlich entwertet wurden, wird auch heute versucht mit mehr arbeitseinsatz die krise zu überwinden.

Anonym hat gesagt…

"Was dem Bürger sein Goethe, ist dem Arbeiter seine Solidarität." hat ein Beitrag von Michael Vester zur "Arbeiterkultur" 1976 geheißen. Heute würde diese Überschrift nicht nur politically correct mit einem Binnen-I geschrieben werden, sondern auch andere Solidaritätswerte beschwören müssen, als die Sozialdemokratie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die auf dem Weg von einer Klasse an sich zu einer Klasse für sich war. Auch wenn Frau Rudas im neuen Profil ein "neues, soziales, solidarisches, demokratisches und bürgernahes Europa" beschört, so einfach wird's nicht gehen. Solidarität mein ja vorerst nur eine Haltung gebenüber Ideen, Gleichgesinnten und Gruppen. Mit welchen Ideen, mit welchen Gleichgesinnten und Gruppen da jemand solidarisch ist, ist damit ja noch nicht ausgesprochen. Einer Solidarität "von der Wiege bis zur Bahre" wie sie die Sozialdemokratie beschwor, steht heute die Eigenverantwortung der Individuen entgegen. Selbstbestimmt und solidarisch müssen sich aber nicht gegenseitig ausschließen. Hier hätte eine grüne Programmatik anzusetzen. Terracaring hat Franz Klug diesen Ansatz genannt.

Anonym hat gesagt…

Lieber Gebi, ich stimme diesem Beitrag voll und ganz zu. Ich habe jetzt im Kärntner Wahlkampf diese Entsolidarisierung massiver denn je bemerkt. Da muss man auch aufpassen, dass man die Kärntner Wahl nicht nur als irrationale "in memoriam Wahl" sieht, denn das BZÖ hat da schon selbst einiges dazu beigetragen. Es ist leider eine Österreichische Eigenheit, dass lieber die kleineren getreten, als die großen gestürzt werden. Wobei da nichts in Stein gemeiselt ist, denn wir Grüne haben da die letzten Jahre auch sehr untätig zugesehen und die Sozialdemokratie noch viel untätiger.

Übrigens: Ich habe Jörg Flecker dieses Jahr als Professor in Wirtschaftssoziologie:-)

Hoff wir sehen uns bald mal wieder

Anonym hat gesagt…

Mane Du hast mich wieder einmal nicht verstanden, offensichtlich überfordere ich Dein "Marxistenhirn", denn:

Wenn wir gemäss der Forderungen der Grünen in Österreich alle Migranten (ob legal oder illegal, ob anständig oder kriminell) sofort nach dem Übertreten der Österreichischen Grenze mit den Österreichischen Bürgern gleichstellen würden und Ihnen alle bei uns (noch) "selbstverständlichen" sozialen Rechte zugestehen würden, dann wären wir über Nacht das Traumzuwanderungsland für hunderte Millionen Menschen aus der dritten Welt, welche im linksgrünen "solidarischen" Paradies Österreich ihr Glück versuchen würden.

Daher gibt es zu einer streng selektiven und ausschließlich auf die Volksmeinung und den Arbeitsmarkt abgestimmte restriktive Migrantionspolitik genausowenig keine Alternative wie auf Einsparungen im öffentlichen Sektor, zu dem beispielsweise auch die Lehrer gehören. Von einer generellen Mehrarbeit hat bisher niemand gesprochen, wobei wir mittelfristig auch darüber nachdenken müssen, wollen wir langfrsitig international konkurrenzfähig bleiben. Anderfals wandern unsere Betriebe auch weiterhin zu unserem Schaden ins Ausland ab. Auch eine Folge der speziell von den Grünen so gelobten weltweit fortschreitenden Internationalsierung und Endnationalisierung.

Herr Mane was glauben sie hätte es für unsere Sozialkassen unsere Sicherheit und unseren Arbeitsmarkt zur Folge, wenn gemäss der Grünen Positionen in der Zuwanderungsfrage jeder Schwarzafrikaner oder Asiate nach Österreich kommen könnte, dort Anspruch auf Sozialhilfe zugesprochen bekommen würde und sich sofort frei am Arbeitsmarkt bewegen könnte?

Wäre diese "gesellschaft" dann tatsächlich solidarischer, demokratischer, freier, sicherer und reicher?

Die Grünen erheben eben fast ausschließlich real nicht realisierbare Forderungen und bewegen sich (wie auch die obigen Beiträge zeigen, welche fast ausschließlich über irgendwelche Marxistenspinner der Geschichte -der sozialismus ist als praktisches Modell tot und gescheitert, wann sehr ihr das endlich ein?) auf ideologisch verklärten Elfenbeitürmen und Metaebenen, ohne sich mit der realen Welt auch nur ansatzweise und pragmatisch zu beschäftigen.

Deshalb halten euch die Wähler mit guten Gründen von jeder Regierungsverantwortung im ureieigensten Interesse des Selbstschutzes (Selbsterhaltungstrieb) von jeder Regierungsverantwortung fern.

Dr christian Warum.