Freitag, 13. März 2009

Die Giftliste

Die Rating-Agentur Moody's hat sich entschieden, eine Giftliste zu publizieren. Im "Bottom Rung" werden jetzt regelmäßig Unternehmen veröffentlicht, von denen Moody's demnächst Insolvenz erwartet. Die Liste ist hier für User einzusehen, die bei Moody's registriert sind. (Die Registrierung ist gratis, falls sich jemand die Sache selbst ansehen will.) Im aktuellen "Bottom Rung" finden sich viele Medien-Unternehmen, Unternehmen aus der Autobrance und auch Handelsunternehmen.

Moody's kann dabei davon ausgehen, dass seine Prognosen de facto immer stimmen werden. Unternehmen, die sich auf dieser Liste wiederfinden erhalten mit Garantie keine Finanzierungen mehr von Banken. Die Liste ist daher nicht nur eine Bewertung, sondern gleichzeitig auch eine Self-fulfilling-prohpecy.

Es gibt ja durchaus eigenartige Institutionen, die der Kapitalismus hervorgebracht hat. Rating-Agenturen gehören wohl auch dazu. Nachdem doch viele Unternehmen feststellen mussten, dass die Sache mit dem Markt zwar in der Theorie für sie funktionieren mag, aber nicht praktisch, unter anderem weil viele Informationen über den Markt fehlen, begann man sich Rating-Agenturen zu bedienen. Rating-Agenturen sollen Informationen über andere Unternehmen liefern und diese bewerten. Dabei arbeiten Rating-Agenturen nach einem verfeinerten Schulnoten-Prinzip. Die gesamte Information über ein Unternehmen oder auch einen Staat wird in einige Zahlen gepresst. Das lautet dann "BBB+"oder "Caa2" oder so, und daraus bewerten wiederum andere Unternehmen, ob diese Firma oder dieser Staat vertrauenswürdig als Geschäftspartner ist oder nicht. Im Bildungsbereich wissen wir schon längst, dass diese Form der Rückmeldung nicht nur wenig aussagt, sondern auch irreführend sein kann. In Wirtschaftsbereichen, wo es um Milliarden von Euro und schließlich Tausende von Arbeitsplätzen geht, scheint sich diese Erkenntnis aber noch nicht durchgesetzt zu haben.

Über die Methodik der Rating-Agenturen kann man lange streiten. Ihre Wirkung aber ist eindeutig. Rating-Agenturen können Unternehmen in den Ruin treiben. Oder sie können eine Krise leugnen, bis schließlich gar nichts mehr geht. Die Strategie des Leugnens haben wir in den vergangenen Jahren gesehen, bis die bestgeratete Bank Lehmann Brothers bankrott ging. Nun sehen wir einen Strategiewechsel, und schauen zu wie Unternehmen von Rating-Agenturen in den Bankrott getrieben werden.

Wollen wir den Rating-Agenturen diese Macht wirklich überlassen?
Oder gibt es bessere Möglichkeiten, im Kapitalismus für Transparenz am Markt zu sorgen?
Oder liegt das Übel nicht an der Gestaltung des Kapitalismus, sondern am Kapitalismus selbst?

Ich bitte um Diskussion.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Solche Dinge sind schlimm und offensichtlich kontraproduktiv, bevor man aber derartige Dinge in den USA hinterfagt, sollte man auch hierzulande fragen, welchen Schaden zb. ein KSV anrichtet? Aus Sicht der Banken durchaus ein wertvolles Instrument gegen Betrüger, aber dass man bei manchen Mobilfunkbetreibern keinen Vertrag bekommt, weil man gerade ein Häusl abstottert, ist dann die Kehrseite der Medaille.