Mittwoch, 23. Februar 2011

"Jedes Loch wird vermietet"

Am Freitag flattert die neue Zeitung der Innsbrucker Grünen "gründlich informiert" in alle Haushalte. Von mir gibt es darin einen kurzen Artikel zum studentischen Wohnen. Für alle, die sich näher für die Protagonisten des Artikels interessieren, hier eine ausführliche Reportage dazu:

Tom, Tanvir und Gebi

„Jedes Loch wird vermietet“

„Friss oder stirb, das ist halt das Motto“ meint Tom. Tom studiert Geschichte in Innsbruck und hat schon mehrere Jahre WG-Erfahrung hinter sich. Aus Kostengründen war er aus dem Oberland nach Innsbruck gezogen, und auch um Zeit zu sparen. „Die Vermieter denken sich oft: Die Studierenden sind ja nur ein paar Jahre da. Da investiere ich sicher nicht in die Wohnung. Für Familien tun sie sicher mehr“

1.150 Euro kostet die Altbauwohnung mit 95 Quadratmetern., noch ohne Strom, Versicherung und Internet. Und Keller bietet die Wohnung auch keinen. „Für Innsbruck-Verhältnisse ist das preislich im Durchschnitt, und zu viert geht das halbwegs. Aber Zustand und Ausstattung der Wohnung sind schon eine weitere Frage. In dieser Stadt wird einfach jedes Loch an Studierende vermietet. Mit uns kann man's ja machen.“

Tom und die Dusche am Gang

Die Dusche der Wohnung befindet sich im Gang, getrennt nur durch eine überdimensionale Brasilien-Fahne. „Gemütlich mit der Freundin duschen, das spielt's da halt nicht, außer die ganze WG soll zuschauen können“, lacht der 24jährige. „Aber mir geht’s eh noch besser als meinem Mitbewohner.“

8 Quadratmeter ist das Zimmer von Tanvir groß. Tanvir ist derzeit beim Bundesheer. „Mehr ist finanziell gerade überhaupt nicht drin. Vor allem, weil das Bundesheer keine Unterstützung fürs Wohnen bezahlt“, erzählt er. Tanvir ist mit seinem Problem nicht allein: Nach dem Heeresgebührengesetz gibt es zwar finanzielle Hilfe für eine eigene Wohnung. Nicht aber, wenn der Rekrut in einer Wohngemeinschaft lebt. „So ein Unsinn! 700 Euro würden sie mir für eine eigene Wohnung zahlen. Aber weil ich in einer WG wohne, bekomme ich keinen müden Cent. Ich würde dem Staat sogar noch Geld sparen, aber das will er wohl nicht.“

Das WG-Leben habe seinen Reiz, meint Tom. „Ich hätte Tanvir sonst nicht kennen gelernt zu, Beispiel. Aber manchmal wohnt man auch mit Menschen zusammen, mit denen man freiwillig keinen Kaffee trinken gehen würde.“ Klar sei es nicht immer ganz einfach. Wenn einer mit der Miete in Verzug sei, seien alle in Verzug. „Stressen tut's mich eigentlich immer nur, wenn man ausziehen muss. Den Letzten beißen halt immer die Hunde, nicht nur bei der Kaution.“ Auch der derzeitige Mietvertrag sei zehn Jahre alt. Der Vermieter habe immer wieder die Namen der Studierenden ausgestrichen und die neuen Mieter eingefügt. Vom Inventar bis zur Zustandsbeschreibung der Wohnung stimme deshalb vieles nicht mehr. „Ich hoffe, das macht am Schluss keine Probleme“, so Tom.

Ob sie jemals versucht hätten, Mietzinsbeihilfe zu beantragen? Das sei schwierig, erzählen die beiden. Zum einen deshalb, weil nicht die Mietbelastung des einzelnen WG-Mitbewohners zähle, sondern die gesamte Wohngemeinschaft. Wenn darunter ein Besserverdienender sei, fallen die anderen um die Förderung um. „Oft wollen die Vermieter aber auch keinen ordentlichen Mietvertrag aufsetzen. Den müsste man nämlich wieder beim Finanzamt vergebühren. Und dass wir als Mieter die Vergebührung bezahlen sollen, damit wir dann um Beihilfe ansuchen können, das wollen wir irgendwie auch nicht“ erläutert Tom. „Und irgendwie ist das ja auch absurd: Die Mieten sind so hoch, dass die Stadt immer mehr Unterstützung bezahlen muss, und die Vermieter kassieren dadurch immer mehr“, ergänzt Tanvir, der aus Birmingham stammt.

„Wenn man in Innsbruck eine Wohnung will, dann muss man definitiv Kompromisse eingehen“, lautet die Erfahrung der beiden. Einziehen allein koste immer 2.000 Euro, auch ohne Makler. Von Möbeln bis Kaution, viel billiger gehe es eben nicht. Ein viel zu kleiner Boiler in der Küche, verzogene Türen, beim WC-Waschbecken zwei Minuten auf warmes Wasser warten, das müsse man eben in Kauf nehmen. „nd auch die ständige Nachmieter-Suche nerve. Aber allein Wohnen sei eben noch viel teurer. Besonders ärgerlich in dieser Wohnung sei, dass sie so dunkel sei, dass man praktisch den ganzen Tag das Licht brennen lassen müsse.

„Was ich aber überhaupt nicht verstehe“, ist Tom noch ein Punkt wichtig: „Wieso wird meine Wohnung teurer, wenn der Ölpreis steigt?“ Um 15,5% stieg die Miete in den vergangenen 7 Jahren. Allein 960 Euro beträgt die jährliche Akonto-Zahlung fürs Heizen. „Und das für unser dunkles Loch“, muss Tom lachen.

Ob sie schon einmal von der Möglichkeit der Mietzinsminderung gehört hätten? Nein, das sei ihnen ganz neu, meinen die beiden. Unter bestimmten Umständen kann der Mietzins reduziert werden, wenn die Wohnung unbrauchbar ist. Der aufgeweichte Flur vor der Dusche und die Löcher in den Wänden könnten jedenfalls Gründe sein, den Anspruch zu prüfen. Wichtig ist aber die Beurteilung des Einzelfalles. Hinweise dafür geben kann etwa die Schlichtungs- und Parifizierungsstelle der Stadt Innsbruck. „Das sollte man größer bekannt machen!“ sind sich Tom und Tanvir einig. „Das weiß ja kein Mensch!“

Viele MieterInnen wissen nicht, wie sie sich wehren können, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Dann gilt es, sich gut zu informieren. Studierende können etwa kostenlos die Hilfe durch den Mieterschutzverband in Anspruch nehmen, der im Auftrag der ÖH jeden Mittwoch für zwei Stunden für Beratungen zur Verfügung steht. Die Arbeiterkammer hingegen, ansonsten häufig bewährte Ansprechstelle, will sich in Wohnstreitigkeiten nicht zu sehr einmischen. Es könnte ja sein, dass nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter AK-Mitglied ist, berichten Menschen, die dort Hilfe gesucht haben.

Das WG-Leben wollen Tom und Tanvir keinesfalls aufgeben: „Das ist mir lieber als in einem Studentenheim. Was die für Hausordnungen haben! Und dann noch eine Küche für 30 Leute wie in manchen Heimen, nein danke. Da ärgere ich mich lieber manchmal mit der Wohngemeinschaft“, ist Tom überzeugt.

In der Wohngemeinschaft stapeln sich derzeit wieder Kartons im Gang. Ein langjähriger Mitbewohner zieht gerade aus. „Wenn heute frei wird, stehen morgen 15 Studierende auf der Matte. Und die steigen dann wieder in jeden Mietvertrag ein, den man ihnen vorhält. Ja es stimmt schon, in Innsbruck muss man Kompromisse eingehen!“

Gebi, Tanvir und Tom


Weiterführende Infos:

Schlichtungs- und Parifizierungsstelle der Stadt Innsbruck (Wohnungsservice):
post.wohnungsservice@innsbruck.gv.at, 0512 5360

Referat für Heime und Wohnen der ÖH Innsbruck
Kostenlose Beratung für Studierende durch den Mieterschutzverband
Anmeldung unter heime@oeh.cc, 0512 507 49 11

Laut Studierenden-Sozialerhebung 2009 wohnen in Österreich 21,5% der Studierenden in Wohngemeinschaften, 9,8% in Studierendenheimen, 44,6% eigenständig und 19,1% bei den Eltern. In Innsbruck jedoch leben 32,5% der Studierenden in Wohngemeinschaften.

10% der Studierenden sind mit ihrer Wohnsituation besonders unzufrieden. Je jünger die Studierenden, desto unbefriedigender ist die Wohnsituation. Die durchschnittlichen Wohnkosten in Innsbruck betrugen bei Studierenden 2009 ca. 320 Euro. Am günstigsten waren Studierendenheime, am teuersten das Einzelwohnen, Wohngemeinschaften lagen in der Mitte. Die Wohnkosten machen etwa ein Drittel der monatlichen Kosten von Studierenden aus.

Hier gibts das PDF der Grünen Standpunkte zum Download.
Hier gibts das PDF von gründlich informiert zum Download.

14 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Um den Preis gibt es schon super Plätze in Studentenheimen in einer 2er oder 3-WG. Dort hat jeder sein Zimmer und es gibt eine Küche, Bad und WC für diese WG. Also nichts mit 30 Leute in einer Küche.

Die Hausregeln entsprechen einer eigentlich selbstverständlichen Lebensart, wenn man nicht alleine mitten im Wald wohnt.

Jedoch muss man in diesen Heimen einen Studienerfolg erbringen.

Gebi Mair hat gesagt…

Die Studiheimplätze in Innsbruck sind sehr beschränkt und nicht so billig, wie man immer meint. Und in den Hausordnungen werden oft sogar Besuche verboten.

Erich Reder hat gesagt…

Sg. Hr. Mair!
Wenn Sie einen Finanzier kennen, der 100m2 Wohnungen, möglichst noch voll möbliert sponsert oder zu Diskontpreisen verschleudert, möchte ich mich gerne für eine derartige Unterkunft anmelden.
MfG
Erich Reder

Gut gemeint hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Mair!

Sie können ja ihr Loft in Innsbruck zugänglich machen!! Bei 3.500 Euro im Monat für nixtun wär das doch noch ein nettes Zubrot!! :-)

herzlichste Grüße

Gebi Mair hat gesagt…

Wenn ich ein Loft hätte, würde ich es zur Verfügung stellen, ich hab aber keins.

Anonym hat gesagt…

1. Ab 250 Euro gibt es Heimplätze im Doppelzimmer,
Ab 300 Euro Zimmer in 2er- 4er WGs in Studentenheimen.
Normale Besuche sind nicht verboten. Besuche die um 3 Uhr in der Früh kommen schon, das hat aber auch Gründe.

Nicht irgendwelche Gschichtln erzählen bitte.

Gebi Mair hat gesagt…

Gut, Doppelzimmer sind gebongt. Dass das aber nicht der Hit ist, sobald man älter als 10 Jahre ist, ist auch nachvollziehbar, oder?

Nämlich welche Gründe gibts für Besuchsverbote?

Anonym hat gesagt…

http://www.studentenhaus.at/joomla/index.php?option=com_content&view=article&id=7&Itemid=8&lang=de

ab 320 Euro Einzelwohnung.
Das nennt man Fakten, was du bringst sind wie immer nur Gerüchte und Unwahrheiten.

Das Hauptproblem wird wohl eher daran liegen, dass man für solche Plkätze einen positiven Studienerfolg benötigt. Und wenn dein Freund gleich klug/ehrgeizig ist wie du, .....

Warum gibt es ein Verbot für Fremde in der Nacht? Denk mal ganz scharf nach lieber Gebi, so schwer ist es nicht. Das ISH ist kein Wohltätigkeitsverein. Ohne solche Regeln würden schnell viele Studenten einen Untermieter aufnehmen. Außerdem gibt es Studenten die in einer normalen Zeit ihr Studium beenden wollen, nicht so wie du, der für ein 0815-Studium beinahe die doppelte Zeit benötigte. Und wenn dann angeheiterte Nachbarn um 3 Uhr mogens eintrreffen, ist es vorbei mit der Nachtruhe.

Anonym hat gesagt…

Ach, ich habe 1 jahr in einem 3,9 qm zimmer gewohnt, wo genau mein bett platz hatte.

bitte nicht anstellen bei wohnungen, hauptsache es ist lustig mit den anderen!

Tom hat gesagt…

@Anonym (24.2., 08:53)

I: >>ab 320 Einzelwohnung<<

-> stimmt, allerdings geht der Preis laut Homepage bis 472 Euro rauf...sollte man auch nicht umbedingt weglassen.

Darüber hinaus steht auf dieser Homepage auch noch:
"von € 285,00
bis € 359,00 - Eine Person, eigener Wohn- und Lernbereich in einer Wohngemeinschaft, das heißt gemeinsame Nutzung von Bad/WC und Küche mit einer oder mehreren Personen."

-> Ich lade Sie gerne mal zu einigen Freunden ins Südtirolerheim ein, um eine ungefähre Vorstellung davon zu erhalten, wie so etwas aussehen kann - dann können wir weiter reden, denn dann haben sie das Gleiche gesehen wie ich. Das Angebot steht wirklich!

II: Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Studierende es in Innsbruck gibt und wie viele solcher Einzelwohungen um tatsächlich 320 Euro (aufwärts)?

III: >>Das Hauptproblem wird wohl eher daran liegen, dass man für solche Plkätze einen positiven Studienerfolg benötigt. Und wenn dein Freund gleich klug/ehrgeizig ist wie du, .....<<

-> Ich liege genau im Zeitplan bei meinen Studien, also daran liegt es nicht - gerne schicke ich Ihnen auch einen Studienerfolgnachweis - dieses Angebot steht auch!

>>Warum gibt es ein Verbot für Fremde in der Nacht? Denk mal ganz scharf nach lieber Gebi, so schwer ist es nicht. Das ISH ist kein Wohltätigkeitsverein. Ohne solche Regeln würden schnell viele Studenten einen Untermieter aufnehmen.<<

Dass man Untermieter vermeiden will ist klar und da bin ich auch dafür!
Aber man kann es auch übertreiben, so zum Beispiel dürfte man teilweise in Studentenheimen in Innsbruck nicht einmal nach 21 Uhr ein Zimmer betreten, wenn man dort nicht auch wohnt - sei es auch nur um die Toilette zu benutzen oder etwas abzuholen. Will man so zum Beispiel einen Spieleabend machen, darf dieser nicht in den Zimmern abgehalten werden (insofern da überhaupt Platz wäre). Manchmal stehen Aufenthaltbereiche zur Verfügung, doch da sitzt man oft wie die Maus im Glaskasten. Auch ein Zimmer in ISH bei einer Freundin können wir gerne mal zusammen von innen anschauen und dann verstehen sie mich vielleicht besser.

Ich habe jede Menge Freunde, die in Studentenheimen wohnen und weil ich deren Erfahrungen nicht teilen will/wollte, bin ich in einer WG. Gerne können Sie sich auch persönlich über alles ein Bild machen - diese Einladung steht auch wieder!


Ich würde mich freuen, wenn Sie eine (oder auch allen) Einladung(en) nachkommen würden...your turn!


...Aber nicht "herumraunzen" à la Stammtisch-Sepp, alles seien wie immer nur "Gerüchte und Unwahrheiten", denn da sind sie komplett auf dem Holzweg!


Beste Grüße

Tom

Anonym hat gesagt…

sorry der Rechtschreibfelher, hätte noch einmal nachlsen sollen.

Anonym hat gesagt…

anmerkung:
wer ist auf die idee gekommen, die "neue" zeitung der Innsbrucker Grünen "gründlich informiert" zu nennen
Und sie dem ECHO beizulegen?
kann eigentlich nur ein deutscher gewesen sein...

Anonym hat gesagt…

als ob es keine anderen Probleme für Studierende gäbe!
Wir haben in besagtem Zimmer von Tanvir sogar zu 2. gewohnt, und spass gehabt. Wozu brauchen Studenten denn ein luxuriöses zu Hause.
Überhaupt finde ich den ganzen Bericht maßlos übertrieben.
ist doch eine nette wg, mit großer Wohnküche, aber wenn man will findet man wohl immer was zu meckern!
weiter so

Anonym hat gesagt…

@Tom:
Was ist so schlimm daran, dass man zu zweit ein Bad und eine Küche teilt? Musst in deiner WG ja auch machen. und auch beim ISH kannst dir im Normalfall deinen Mitbewohner aussuchen.
Ich wohnte in einer privaten Unterkunft mit 4 Zimmern, einer Küche und ein Bad/WC. Probleme gab es nie. Wer aber so verwöhnt ist, dass er es nicht schafft, Bad/WC und Küche mit 1-3 Personen zu teilen, der soll ruhig den ordentlichen Preis für eine eigene Wohnung zahlen. Wer mer Luxus will, der muss auch mehr bezahlen. So ist es eben im normalem Leben. Die Studentenheime sind leistbar und ein Bad/WC und Küch mit einem Mitbewohner teilen ist auch zumutbar. Wer etwas besseres ist (oder es zumindest glaubt) und deshlabt nicht so leben kann, der soll ruhig zahlen. Auch beim ISH gibt es unterschiedlich große Zimmer mit unterschiedlich guter Lage. dementsprechend auch unterschiedliche Preise. Wer mehr will, zahlt mehr. So ist es nun mal im Leben.

p.s. 95% meiner ehemaligen Studienkollegen wohnten in einem Heim. KEINER hatte Probleme, dass er ein Bad/WC und die Küche mit einem zweiten Kollegen teilen musste. Auch war ich oft bis nach Mitternacht bei diesen Kollegen im Zimmer um zu lernen, fernsehen uder zu spielen. Es gab nie ein Problem, da wir ruhig waren.

Mir scheint, du möchtest nur alles haben, aber nichts bezahlen. Wenn dir diese Regeln und Zustände in einem Heim zu unerträglich sind, dann musst dir eben eine Wohnung suchen und nicht jammern, wie teuer die Wohnungen sind. Wer mehr will, muss auch mehr bezahlen.