Freitag, 2. Januar 2009

Das historische Gruselkabinett

"Vor 200 Jahren ist Tirol unter Andreas Hofer erfolgreich für Freiheit und Selbstbestimmung eingetreten. Die Selbstbehauptung unseres Landes werden wir mit Stolz feiern (...)"

So formuliert die Landesregierung seit heute in Inseraten in Zeitungen ihre Motivation für das "Gedenkjahr 2009", das an das Jahr 1809 erinnern soll. Es ist schon irgendwie erstaunlich - die wissenschaftliche Aufarbeitung der Ereignisse der Jahre rund um 1809 waren schon einmal weiter.

- "Erfolgreich" ist relativ, immerhin endete Andreas Hofer vor dem Erschießungskommando, und Tirol war immer noch ein Teil Bayerns, als er starb wenn ich mich nicht irre
- "Für Freiheit" ist wohl auch relativ; die Freiheit, die Hofer meint ist jedenfalls nicht die bürgerliche Freiheit, die die Bayern meinten
- "Für Selbstbestimmung" ist allerdings nicht relativ, sondern einfach falsch. Hofer wollte einen theokratischen Gottesstaat, aber keine Gesellschaft selbstbestimmter Menschen. Da muss man jetzt nicht seine Sittengesetze bemühen, mittels denen er Dekolletées und Ähnliches für Frauen verbot, aber die Überfälle auf die jüdische Bevölkerung von Innsbruck wäre schon ein guter Tipp, wie die "Selbstbestimmung" Hofer ausgesehen haben könnte.
- "Die Selbstbehauptung", was ist denn damit gemeint? Bauernhorden, die in Innsbruck einfielen obwohl die Innsbrucker Bevölkerung das keinesfalls wollte, und die dann Raubzüge in den südbayerischen Raum unternahmen, fällt das unter Selbstbehauptung?

Wer kommt nur auf die Idee, derart jämmerliche Inserate mit falschen Behauptungen zu schalten? Das ist die Wiederauferstehung des historischen Gruselkabinetts... Auf ein spannendes 2009!

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

dazu schwer zu empfehlen (und spart den kauf zahlreicher anderer, teurerer Werke dazu):
Grüne Bildungswerkstatt Tirol (Hg.)

Mythos: Andreas Hofer

ISBN 978-3-902555-14-4
€ 8,- / © 2008 by planetVERLAG, Wien

Mit einem Vorwort von Wolfgang Meixner,
und Beiträgen von
Hans Heiss,
Johann Holzner,
Brigitte Mazohl,
Andreas Oberhofer und
Uschi Schwarzl

lg
wome

Gebi Mair hat gesagt…

War das jetzt als Empfehlung für mich gedacht? ;-) Ich habs natürlich gelesen...

Ich habe freundlicherweise von der Landesregierung zu Weihnachten das Hofer-Buch von Pizzinini bekommen, und sogar darin ist von theokratisch-reaktionärer Regierung die Rede und weniger von "Selbstbehauptung" und ähnlichem Schwachsinn.

Liebe Grüße
Gebi

Anonym hat gesagt…

Der Begriff "Selbstbehauptung" entstammt dem Jargon der 1950er Jahre. Er taucht deshalb auch bei den 150-Jahr-Gedenkffeiern zu 1809 auf. Die damals erstmals mitgetragene Dornenkrone ist materialisierter Ausdruck davon. Die Selbstbehauptung galt Südtirol und war damals eindeutig zeitgenössisch-politisch konnotiert. Warum das nun wieder auftaucht? Gedankenlosigkeit oder noch vielmehr Interessenlosigkeit. Die Regierung spielt ein Programm herunter, das nicht ihres ist, das sie aber auch nicht mehr stoppen kann/will.
liebe Grüße
WoMe

Anonym hat gesagt…

Hätte sich Andreas Hofer und die Tiroler nicht gegen die Fremdbestimmung wehren sollen?
Dann musst du auch die Schlacht bei Waterloo verurteilen, bei der Napoleon geschlagen wurde. Wäre das nicht passiert, wäre heute ganz Europa bis Russland womöglich komplett Französisch.
Typisch Grüner Opportunismus.