Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen Diskriminierung bei Studi-Ermäßigungen
IP/10/1227
Brüssel, 30. September 2010
Kommission verklagt Österreich wegen Diskriminierung bei Fahrpreisermäßigungen
Die Europäische Kommission hat beschlossen, Österreich beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen, weil es EU-Studierenden nicht dieselben Ermäßigungen für öffentliche Verkehrsmittel gewährt wie österreichischen Studierenden.
EU-Recht – Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – verbietet die Diskriminierung von EU-Bürgerinnen und –Bürgern aufgrund der Nationalität. EU-Studierende, die in einem beliebigen EU-Land studieren, haben Anspruch auf dieselben Beihilfen wie örtliche Studierende, es sei denn, eine Beihilfe ist im Sekundärrecht ausdrücklich vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen.
In den meisten österreichischen Bundesländern gibt es für Studierende Fahrpreisermäßigungen, wenn ihre Familie die Familienbeihilfe in Österreich bezieht. Das ist bei österreichischen Studierenden fast immer der Fall. Dieselben Ermäßigungen werden in der Regel jedoch anderen EU-Bürgerinnen und –Bürgern, die in Österreich studieren, nicht gewährt, da deren Familie nur in Ausnahmefällen in Österreich lebt und Anspruch auf die Familienbeihilfe hat.
Fahrpreisermäßigungen für Studierende können einen erheblichen finanziellen Vorteil darstellen: In Wien kostet ein sechs Monate gültiger ermäßigter Fahrschein für Studierende, deren Familie in der Stadt lebt und Familienbeihilfe bezieht, 50 EUR; für alle, die nicht in Wien wohnen, kostet er 100 EUR und 128,50 EUR für Studierende, deren Familie keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat, weil sie in einem anderen Land lebt.
Die Kommission ist der Ansicht, dass Österreich den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, da es seine eigenen Staatsangehörigen bevorzugt behandelt.
Im Jänner 2010 hat die Kommission Österreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt. Das ist eine formelle Aufforderung an den Mitgliedsstaat, EU-Recht einzuhalten und die Kommission über die Maßnahmen zu informieren, die ergriffen werden, um innerhalb einer bestimmten Frist, meist zwei Monate, die Situation zu bereinigen. Da Österreich in dieser Sache nichts unternommen hat, um EU-Recht einzuhalten, hat die Kommission nun beschlossen, die Angelegenheit vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen.