Mittwoch, 13. Juli 2016

Mietzinsbeihilfe adé: Sollen sie halt in der Sillschlucht schlafen!

In Innsbruck finanziell knapp bei Kasse zu sein ist nie ein besonderer Spaß. Nun droht aber eine neue Härte, die es bisher nicht gab: Die Mehrheit des Gemeinderates aus Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ möchte die Mietzinsbeihilfe durch eine Anwartschaft von drei Jahren de facto abschaffen.

Hier die Fakten:

Mietzinsbeihilfe dient dazu, Menschen mit geringem Einkommen bei der Bewältigung des Mietaufwands zu unterstützen. Dafür gibt es klare Obergrenzen für die Miethöhe und das Einkommen, aus denen sich eine sogenannte Zumutbarkeitstabelle errechnet. In der Praxis heißt das: eine dreiköpfige Familie mit 1.800 Euro Monatseinkommen kann 145 Euro Mietzinsbeihilfe bekommen. Bei einem Einkommen von 2.200 Euro gibt es nichts mehr. Für Studierende gibt es eine Sonderregelung: bis zu einem Einkommen von 800 Euro pro Monat erhalten sie 125 Euro Mietzinsbeihilfe.

Im Jahr 2015 gab es in Innsbruck 10.150 Anträge auf Mietzinsbeihilfe. Das zeigt sehr deutlich, wie viele Menschen sich das Wohnen in der Stadt nicht leisten können. Unter den Anträgen waren 4.073 Studierende, 20% der Neuanträge waren PensionistInnen und 20% Alleinerziehende.

Nun kommt die Mehrheit des Gemeinderates und sagt: uns doch egal! Sollen sie halt in der Sillschlucht wohnen!

Nach dem Willen der unsozialen Mehrheit soll nämlich eine Wartefrist für die Mietzinsbeihilfe eingeführt werden. Erst nach drei Jahren Hauptwohnsitz in Innsbruck soll ein Antrag möglich sein. Für die ersten drei Jahre heißt das also: schaut's wo ihr bleibt's!

Wer kann so eine Regelung einer Alleinerzieherin mit Kind erklären?

Eine einkommensschwache Alleinerzieherin muss sich in Zukunft drei Jahre ohne Mietzinsbeihilfe durchschlagen, erst dann darf sie einen Antrag stellen. Ist das sozial? Ist das sinnvoll? So werden Menschen in die Armutsfalle gedrängt und in die Mindestsicherung fallen. Und das sollte eigentlich nicht passieren.

Was mich besonders wundert: Die de facto-Abschaffung der Mietzinsbeihilfe in Innsbruck wird neben Für Innsbruck hauptsächlich von der SPÖ betrieben. Wo ist das soziale Gewissen der Partei für die Menschen geblieben, die sich den teuren Wohnraum in Innsbruck nicht leisten können?

Das Land hat übrigens angeboten, dass wir das Einkommen der Eltern bei Studierenden stärker berücksichtigen können, wenn es hier Ungerechtigkeiten gibt. Oder wir können versuchen alle anderen Gemeinden zu überzeugen, ebenfalls Mietzinsbeihilfe ohne Anwartschaft zu vergeben. Und wir können ein Sonderförderprogramm der Wohnbauförderung für 500 neue Studierendenheimplätze in Innsbruck auflegen. Das sind konkrete Ideen gegen die hohen Mieten in Innsbruck, nicht die Abschaffung einer sozialen Unterstützung.

Ich hoffe noch auf einen Umschwung bis zur morgigen Gemeinderatssitzung in Innsbruck.

Die GRAS hat eine Online-Petition gegen diese unsoziale Maßnahme gestartet, die du hier unterstützen kannst. Trag dazu bei, dass Innsbruck eine soziale Stadt bleibt!


Freitag, 1. Juli 2016

Endlich legal: Sexarbeit in Tirol

Tirol hat bisher eines der österreichweit strengsten Gesetze zum Thema Sexarbeit. Prostitution ist in Bordellen erlaubt, alles andere ist verboten. Für die Bordelle braucht es eine Bedarfsprüfung. Darüber hinaus bestehen Werbeverbote und sogar Primärarrest auf illegale Prostitution.

Das wird nun anders.

Langwierige schwarzgrüne Verhandlungen mit unterschiedlichen Positionen haben nun eine Lösung gebracht: Einerseits werden künftig die Strafen für illegalen Straßenstrich und illegale Prostitution verschärft. Andererseits gibt es eine  Reihe von Liberalisierungen, die endlich zu einer legalen selbständigen Tätigkeit in der Sexarbeit in Tirol führen.

Für den Straßenstrich können die Gemeinden Erlaubniszonen verordnen. Damit gibt es dann erstmals einen legalen Straßenstrich und die Gemeinden erhalten die Möglichkeit zur Steuerung.

Selbständige Tätigkeit als Sexarbeiterin oder Sexarbeiter wird in Studios ermöglicht. Unter geregelten Rahmenbedingungen können Bewilligungen für Studios von SexarbeiterInnen beantragt werden: es braucht einen eigenen Eingang zu Straße und natürlich Rücksicht auf die AnrainerInnen. Dann ist es aber möglich, in allen Gebieten (inklusive Wohngebieten) Anträge auf einen positiven Bescheid für ein Studio zu stellen. Bis zu zwei Studios pro Gebäude sind möglich, und ein Studio dürfen sich bis zu drei SexarbeiterInnen gemeinsam teilen. Das ist ein wesentlicher Durchbruch: Damit wird legale selbständige Tätigkeit ohne Bordellbetreiber und ohne Zuhälter möglich.

Doppelbödige Bestimmungen werden aufgehoben: Das Werbeverbot in Zeitungen und im Internet fällt. Die Anbahnung wird auch per Telefon oder Internet erlaubt. Wenn es Sexarbeit gibt, dann soll es auch vernünftige Möglichkeiten geben, die Dienstleistungen zu vereinbaren.

Wir Grüne haben uns nicht mit allen Forderungen durchgesetzt. Und auch bei uns Grünen gibt es immer wieder intensive Diskussionen zum Thema Sexarbeit. Unser gemeinsamer Fokus ist aber jedenfalls, dass Frauen und Männer in der Sexarbeit in ihren Rechten gestärkt werden sollen. Und gleichzeitig so manche bisher unhaltbaren Zustände besser geordnet. Damit macht Tirol einen wichtigen Schritt in eine liberale und rationale Gesellschaft.

Der Begutachtungsentwurf zum Gesetz wird kommende Woche veröffentlicht und im Oktoberlandtag diskutiert. Ich freue mich schon auf intensive Debatten!